Das Haus Plantagenet oder: Wie die normannischen Könige Englands das Inselreich zur reichsten und mächtigsten Monarchie Europas machten

Vierzehn Plantagenets saßen auf dem englischen Thron; ihre Dynastie währte mehr als 300 Jahre und war eine der erfolgreichsten, umwälzendsten und berüchtigtsten in der Geschichte Großbritanniens. Das Wort Plantagenet rührt von einem Spitznamen für Graf Geoffrey d'Anjou (1113–51) her, einem großen Krieger, der angeblich einen Ginsterzweig mit goldenen Blüten als Helmzier trug – Planta Genisteae. 1128 heiratete er die Kaiserin Mathilde (1102–67), Witwe des Heiligen Römischen Kaisers Heinrich V. und Tochter König Heinrichs I. von England.

Eine Erbfolgekrise und ein schrecklicher Bürgerkrieg, bekannt als The Anarchy (Die Anarchie), folgten dem Tod Heinrichs I. im Jahr 1135 und dauerten bis 1153 an, als Mathildes und Geoffreys Sohn schließlich als rechtmäßiger Thronfolger anerkannt wurde. Nach seiner Krönung im Jahr 1154 stellte Heinrich II. (1133–89) in dem erschöpften Reich Frieden und Ordnung wieder her und gründete eine Dynastie. In der Zwischenzeit entstand in den Plantagenet-Gebieten in England und Nordfrankreich die sogenannte Kanalschule, die einige der schönsten Meisterwerke der romanischen Kunst hervorbrachte, darunter etwa der St. Alban-Psalter und der Psalter von Winchester.

Heinrich II. und Eleonore von Aquitanien

König Heinrich II. von England war der wohl reichste, mächtigste und rücksichtsloseste Herrscher des 12. Jahrhunderts. Seine Krönung markierte das Ende der streng normannischen Dynastie, die von seinem Urgroßvater mütterlicherseits, Wilhelm dem Eroberer, gegründet wurde. Mit ihr nahm die Plantagenet-Dynastie ihren Anfang, die bis 1485 über England herrschen sollte, und es entstand das sogenannte Angevinische Reich – eine Anspielung auf seine Wurzeln in Anjou, das sich von der schottischen Grenze bis zu den Pyrenäen erstreckte.

Heinrichs Rechtsreformen bilden heute in vielen Ländern die Grundlage des jeweiligen Rechtssystems und das von ihm geschaffene, effizientere Herrschaftsmodell trug dazu bei, England zu einem der mächtigsten und am erfolgreichsten geführten Königreiche Europas zu machen. Passenderweise war er mit der reichsten, klügsten und schönsten Frauen im Europa des 12. Jahrhunderts verheiratet: Eleonore von Aquitanien (1122–1204).

Heinrich und Eleonore stifteten eines der ältesten Glasfenster Frankreichs, das Ostfenster der Kathedrale von Poitiers, wo sie 1152 heirateten – nur 8 Wochen nach der Annullierung ihrer Ehe mit König Ludwig VII. von Frankreich. Die Kathedrale wurde ein Jahrzehnt nach ihrer Hochzeit im neuen gotischen Stil wiederaufgebaut. Das Fenster zeigt das königliche Paar mit seinen vier Söhnen, die Gott Gaben präsentieren – ein Bild der Frömmigkeit und des familiären Zusammenhalts.

Allerdings sollte Heinrich eine stürmische Beziehung zu seiner Frau und seinen Söhnen haben. Dies führte manchmal sogar zu offenen Kriegen, die oft vom französischen König angezettelt wurden, der sich gedemütigt fühlte, weil Eleonore, seine Ex-Frau, Heinrich vier Söhne schenkte, wohingegen sie ihm keinen einzigen geboren hatte. Zwei dieser Kinder sollten Könige werden: der berühmte Kreuzritter Richard Löwenherz und König John, der berüchtigte Bösewicht der Robin Hood-Legende.

Die Entstehung einer englischen Dynastie

König Richard I. von England, genannt Löwenherz, (1157–99) war ein militärisches Genie, aber ein ansonsten unfähiger Herrscher, der kein Englisch sprach und England nicht einmal mochte – er verbrachte nur etwa 6 Monate seiner Regierungszeit dort und zog ansonsten das sonnige Aquitanien vor. Während eines Kreuzzuges verlor sein Bruder John (1166–1216) fast alle Ländereien in Frankreich und Richard starb bei dem Versuch, sie zurückzuerobern. Johns tyrannische Herrschaft und zügelloses Verhalten stachelte schließlich die Barone gegen ihn auf, was in der Magna Carta von 1215 resultierte, dem Gründungsdokument des modernen britischen und amerikanischen Rechtssystems.

Aus Frankreich vertrieben, konzentrierten sich die Plantagenets auf die Sicherung ihrer Herrschaft in England. Heinrich III. (1207–72) baute Westminster Abbey im französischen Stil wieder auf, widmete sie aber dem angelsächsischen König Edward dem Bekenner. Sein Sohn König Edward I. (1239–1307), der wegen seiner ungewöhnlichen Körpergröße Longshanks genannt wurde, war ein Reformer der Regierung und des allgemeinen Rechts, der ein ständiges Parlament einrichtete. Er dehnte auch die englische Kontrolle über Wales aus und verdiente sich den Spitznamen Hammer of the Scots (Schottenhammer) für seine Versuche, dies auch auf Schottland auszuweiten.

Der Reichtum von Edwards Königreich spiegelt sich in der Raffinesse der englischen gotischen Kunst wider, etwa in den Miniaturen, die in der Oxford-Apokalypse zu finden sind, die von Edward I. selbst in Auftrag gegeben wurde. Künstler auf beiden Seiten des Kanals produzierten während des 13. und 14. Jahrhunderts zahlreiche herausragende Werke. Dazu gehören einige der schönsten Psalter und Apokalypse-Manuskripte dieser Zeit sowie einzigartige Meisterwerke wie die Holkham-Bibel.

Rittertum and nationale Identität

Der Hundertjährige Krieg (1337–1453), eine Reihe von Konflikten, die sich über 116 Jahre und fünf Generationen erstreckten, begann mit einer dynastischen Krise: König Karl IV. von Frankreich starb 1328 ohne Söhne und Brüder und seine Schwester Isabella von Frankreich setzte ihren Sohn – König Edward III. von England (1312–77) – als Erben ein. Dieser marschierte nicht nur in Frankreich ein, sondern unternahm auch das bis dahin ehrgeizigste Bauprojekt der Plantagenets: Er verwandelte Schloss Windsor in einen Palast im Herzen seines Königreichs – eine perfekte Kulisse für königliche Ritterspiele, die teilweise durch Lösegelder aus den Siegen bei Crécy, Calais und Poitiers finanziert wurden.

Dieser Geist des Rittertums artikulierte sich am deutlichsten in der Gründung des Hosenbandordens im Jahr 1348, der noch heute existiert und eine eigene, prächtige Kapelle in Windsor hat. Edward förderte damit die Loyalität der besten Soldaten des Königreichs und verband gleichzeitig die englische und die Plantagenet-Identität miteinander. Edward III. nahm auch St. Georg als Schutzpatron Englands an – ein Kriegerheiliger für einen Kriegerkönig. Abgesehen davon, dass er ein Plantagenet-Camelot schuf, wurde Edward 1367 der erste König, der eine Parlamentssitzung in englischer Sprache eröffnete.

Obwohl Heinrich V. (1386–1422) bei seinem heldenhaften Sieg in der Schlacht von Agincourt 1415 Unsterblichkeit erlangte, endete der Plantagenet-Traum vom Weltreich in Enttäuschung und Teilung. Die Plantagenets wurden bald in eine Reihe von Bürgerkriegen verwickelt, die als Rosenkriege (1455–1485) bekannt wurden und schließlich das Ende der Dynastie bedeuteten und zur Thronbesteigung von Heinrich Tudor (1457–1509) als König Heinrich VII. führten. Dennoch bewirkten sie ein letztes Aufblühen von Kunst und Kultur im mittelalterlichen England.

Der Hof von Edward IV. (1442–83) war einer der prächtigsten in Europa. Der König ließ einen luxuriösen neuen königlichen Festsaal im Elton Palace erbauen und gab viele illuminierte Manuskripte bei den besten Meistern in Brügge in Auftrag. Einer von ihnen wurde sogar als der Meister Edwards IV. bekannt, dessen geschickte Hand in mindestens fünfundvierzig erhaltenen Manuskripten aus der Zeit von 1470 bis 1500 zu erkennen ist, darunter sowohl religiöse als auch weltliche Werke.