Gebetbücher

Obwohl das Stundenbuch unter den illustrierten privaten Andachtsbüchern – wie auch generell unter den Buchformen seiner Zeit - bei weitem der beliebteste Typus war, gab es auch andere Arten von Andachtsbüchern, die persönlich auf den Besitzer zugeschnitten waren. Diese entsprachen typischerweise kleinformatigen, portablen Kodizes, die zum Mitführen untertags gedacht waren und häufig Hinweise auf ihren Besitzer in Form von Porträts, Wappen oder anderen dynastischen Symbolen enthielten, wie etwa im Falle des Gebetbuchs Karls des Kühnen.

Die Auswahl und Anordnung der Texte - sie waren nicht so streng vorgegeben wie bei den Stundenbüchern mit ihren Stundengebeten - sowie die künstlerische Ausstattung spiegelten oft den persönlichen Geschmack des Besitzers wider. In den Miniaturen finden sich neben Darstellungen religiöser Szenen häufig intime Abbildungen des zeitgenössischen Alltags, die diese Manuskripte, neben ihrer Bedeutung als Kunstwerke und religiöse Andachtsobjekte, auch als historische Quellen wertvoll machen. 

Veranschaulichung anhand einer Beispielseite

Deutsches Gebetbuch der Markgräfin von Brandenburg

Beklagung und Grablegung Christi

Das Begräbnis Jesu, in der Kunstgeschichte als „Grablegung Christi“ bezeichnet, ist sowohl eine der frühesten aufgezeichneten als auch am sichersten bestätigten Fakten über sein Leben und darüber hinaus ein beliebtes künstlerisches Thema in Westeuropa seit dem 10. Jahrhundert. Diese ganzseitige Miniatur zeigt die Jungfrau Maria in ihrem typischen Blau, die die Hand ihres Sohnes küsst, während er vorsichtig in den Sarkophag gelegt wird.

Im Hintergrund ist die Beklagung Christi zu sehen, wie sie erstmals im 11. Jahrhundert dargestellt wurde: Maria sitzt da, hält den Leib Christi auf ihrem Schoß und ist von Joseph und anderen umgeben, das Kreuz steht noch im Hintergrund. Diese berühmte Haltung der Muttergottes wurde zur Standardform in der Kunst der Gotik und macht das Wachstum der Marienverehrung im Spätmittelalter sichtbar.