Heiligenlegenden

Wenn Heilige in ihrem Leben dem Vorbild Jesu nacheiferten, dann waren Heiligenleben das Vorbild für die Menschen im Mittelalter. In der Tat wurden viele monastischen Orden von späteren Heiligen gegründet. Dies zeigt sich an der großen Zahl mittelalterlicher hagiographischer Werke, die erhalten geblieben sind und die zu den schönsten Beispielen illuminierter Handschriften gehören.

Die Lebensgeschichte und Taten der Heiligen als Heiler und Visionäre wurden in den sogenannten Hagiographien oder „Heiligenlegenden“ festgehalten, wie etwa die Leganda Maior zum Leben des Heiligen Franz von Assisi. Andere Manuskripte, wie das Legendarium von Anjou, nehmen eine fast enzyklopädischere Form an und decken eine große Anzahl von Heiligen in verdichteter Form ab.

Illuminierte Handschriften dieser Erzählungen wurden in Auftrag gegeben von monastischen Orden, um ihre Gründungspatrone zu gedenken oder um Laienpriestern geistliche und moralische Inspiration zu bieten. Sie sind ein Zeugnis für die bedeutende Rolle, die die Heiligen in der mittelalterlichen christlichen Spiritualität spielten.

Veranschaulichung anhand einer Beispielseite

Legenda Maior: Das Leben des Heiligen Franziskus von Assisi

Tod des Heiligen Franziskus

Während eines 40-tägigen Fastens hatte der heilige Franziskus die Vision eines Seraphen - eines sechsflügeligen Engels am Kreuz - und erhielt die Stigmata. Er konnte seine Wunden trotz Reisen nach Siena, Cortona und Nocero, wo er sich behandeln lassen wollte, nicht heilen. Daraufhin wurde er in eine einfache Hütte gebracht, wo seine letzte spirituelle Reise begann und er schließlich, umgeben von Mitgliedern seines Ordens, starb.

Anstelle einer einfachen Hütte stellte sich der Künstler Franziskus an einem ausgesuchteren Ort der Ruhe vor, mit einem elegant gewölbten Fenster aus behauenem Stein und einem Altar, der unter einem Ziborium (Baldachin) zu stehen kommt, auch wenn dies alles dem Asketen nicht so recht gewesen wäre. Nichtsdestoweniger zeigt der Künstler Franziskus mit den Stigmata und umgeben von seinen Anhängern. Die Nonne mit einem Heiligenschein, die seine Hand hält, ist möglicherweise die Jungfrau Maria, die gekommen ist, um ihn in den Himmel zu bringen.