Spiele

Das Leben im Mittelalter war nicht notwendigerweise so düster wie oft angenommen wird. Tatsächlich hatten die Menschen damals genauso Freude an einem guten Spiel wie wir heute – vielleicht sogar mehr. Unter den Spielmanuskripten des Mittelalters befinden sich zum Teil wahrlich einzigartige illuminierte Kodizes.

Dieses Genre umfasst rein theoretische Abhandlungen, aber auch Texte, in denen die Spiele, insbesondere das Schachspiel, als Allegorie der mittelalterlichen Gesellschaft aufgefasst werden, oder in denen sie als Grundlage für philosophisch-theologische Fragestellungen dienen, etwa welche Rolle der Mensch bei der Bestimmung seines Schicksals spielt. Diese Texte erfreuten sich besonders im Spätmittelalter großer Beliebtheit, als die Kunst der Buchmalerei ihren Höhepunkt erreichte und dieses Genre mit einigen herrlichen Exponaten bereicherte.

Veranschaulichung anhand einer Beispielseite

Schachbuch von Jacobus de Cessolis

Vortrag über ein Schachproblem

Diese Seite befindet sich gegenüber dem prächtigen Wappen des Auftraggebers und zeigt eine meisterhaft gestaltete Miniatur, insbesondere mit Hinblick auf das Gefühl für den Raum und die Perspektive, mit dem der Künstler die achteckige Kapelle geschaffen hat. Die beiden vorderen Säulen wurden entfernt, um einen ungehinderten Blick in diesen provisorischen Hörsaal zu ermöglichen, der bis zum Rand gefüllt ist.

Ein Dominikaner steht am Pult, hält mit einer Hand das Schachbrett und zeigt mit der anderen auf die Figuren, während er dem vor ihm versammelten Publikum die Feinheiten des Spiels näherbringt. Links führt eine blaue „M“-Initiale vor Blattgoldhintergrund mit stilisierten Akanthusblättern den lehrreichen Text von Jacobus de Cessolis ein, der in dieser Handschrift aus der deutschen Gotik prächtig präsentiert wird.