Präkolumbische Buchmalerei

Die präkolumbische Zeit, die weit vor die Ankunft des Kolumbus und der europäischen Entdeckungsfahrer in 1492 bis in die graue Vorzeit Amerikas zurückreicht, ist eine der bedeutendsten, faszinierendsten und auch geheimnisvollsten Ären der Weltgeschichte.

Die einheimischen Hochkulturen des heutigen Zentral-und Südamerikas, insbesondere die Mayas, hatten eine eigene Schriftkultur entwickelt, die sich von der europäischen ihrer Eroberer stark unterschied: Ihre Handschriften waren oft viele Meter lang, nach dem Leporelloprinzip gefaltet und mit rätselhaften Schriftzeichen versehen. Jedoch wurde der Großteil der Schriftzeugnisse der Azteken, Mayas, Inkas und anderer Völker von allzu beflissenen Geistlichen, die eine völlige Ausrottung des einheimischen Heidentums verfolgten, in die Flammen der Spanischen Inquisition geworfen.

Die wenigen erhaltenen Exemplare dieser wertvollen Bilderhandschriften zählen heute zu den seltensten und begehrtesten historischen Kunstobjekten der Welt. Sie bewahren auf einmalige Weise das Wissen um die Geschichte, Religion, Kultur und das Brauchtum der präkolumbischen Hochkulturen Amerikas.

Veranschaulichung anhand einer Beispielseite

Borgia-Codex

Veintena-Feierlichkeiten

Diese merkwürdig erscheinende Miniaturseite zeigt verstorbene Gottheiten in der Unterwelt, die Himmelsrichtungen und die Zeichen für einen Zeitraum von 20 Tagen, der auf Spanisch als Veintena bezeichnet wird. Er war Teil eines sekundären aztekischen Kalenders, der nicht an den Mondzyklus gebunden war. Die vier Himmelsrichtungen auf dem Kompass sind in zentraler Position durch einen menschlichen Schädel ergänzt.

Die Zahlen 4 und 5 sind für die aztekische Religion von besonderer Bedeutung, ebenso wie die Zahlen 3 und 7 in der Bibel eine herausragende Rolle spielen. Die zentrale Richtung ist somit das Herz der Welt, in dem sich Erde, Himmel und Unterwelt treffen. Das Herz nimmt in der aztekischen Religion eine zentrale Position ein und stellt auf mystische Weise sicher, dass der Himmel nicht zusammenbricht. Zugleich ist es das Symbol für das gegenwärtige Zeitalter, das die Azteken die Fünfte Sonne genannt hatten.