Das 9. Jahrhundert in Europa: Der Siegeszug der Wikinger und die karolingische Renaissance

Im 5. Teil unserer Jahrhunderte-Reihe wollen wir einzelne Dynamiken und Innovationen des ereignisreichen 9. Jahrhunderts vorstellen, bevor wir uns den Byzantinern zuwenden, die sich langsam von Jahrhunderten des Niedergangs erholten und lernten, mit den permanenten Bedrohungen durch die arabischen Armeen umzugehen.

Wir blicken auf das Frankenreich, in dem die karolingische Renaissance aufblühte, die Nachfahren Karls des Großen jedoch mit neuen Bedrohungen im Inneren sowie von außen zu kämpfen hatten.

Abschließend richten wir den Blick nach Norden, wo das angelsächsische England von Wikingerangriffen heimgesucht wurde, die sich bald zu regelrechten Invasionen auswuchsen und im Zuge dessen das Christentum der Angelsachsen mit nordischen Gottheiten konfrontiert wurde.

Veranschaulichung anhand einer Beispielseite

Lorscher Evangeliar

Incipit-Seite: Matthäusevangelium

Die ersten Zeilen des Matthäusevangeliums sind hier ordentlich in kostbarer Goldtinte geschrieben und werden von klassischen Architekturelementen eingerahmt. Bunte, grazile Säulen tragen eine Miniatur, die den verkürzten Stammbaum Jesu mit einem thronenden Christus enthält, umgeben u. a. von Porträts von Abraham und David.

Dieses Werk wurde im Auftrag Kaiser Karls des Großen erschaffen und ist das Ergebnis der Anstrengungen der besten Meister Westeuropas im frühen 9. Jahrhundert. Die reichhaltige Farbpalette wird durch Blattgold ergänzt, ein weiterer Indikator für die Herkunft des Werks aus einem kaiserlichen Auftrag. Die klassischen Formen sind typisch für die karolingische Kunst, in der viele Elemente subtile politische Botschaften enthielten: Sie sollten den Anspruch der Franken stützen, die rechtmäßigen Erben der weströmischen Kaiser zu sein.