Stuttgarter Bilderpsalter
Der Stuttgarter Bilderpsalter kann gleich mit einigen Superlativen aufwarten: die bedeutendste Handschrift der Württembergischen Landesbibliothek, der bilderreichste karolingische Psalter und künstlerisch von herausragender Qualität. Entstanden am Beginn des 9. Jahrhunderts in St. Germain-des-Prés, ranken sich zahlreiche Geheimnisse um seine Provenienz und Geschichte. Doch seit seiner wissenschaftlichen Entdeckung 1000 Jahre nach der Entstehung der Handschrift begeistert der Stuttgarter Psalter wohl jeden Kenner und Liebhaber karolingischer Buchmalerei!
Der Stuttgarter Bilderpsalter
Ob Christus am Kreuz als Erlöser der Menschheit, thronende Herrscher vor grandioser Kulisse, rätselhafte Szenen mit phantasievollen Geschöpfen oder eindringliche Darstellungen des alltäglichen Lebens – eine Vielfalt an wunderschönen karolingischer Miniaturen illustriert den Stuttgarter Psalter. Nicht von ungefähr ist er auch als sogenannter Bilderpsalter berühmt. Lebendigkeit ist wohl der passende Begriff für den wunderbaren Gesamteindruck, den die zahlreichen bildlichen Darstellungen beim Betrachter hervorrufen.
Ein bilderreicher Psalter
Auf Mehr als 300 Seiten sind die 150 lateinischen Psalmen – wichtige Bestandteile der christlichen Liturgie – mit 316 Miniaturen und 162 Initialen geschmückt. Diese Illustrationen stehen ganz in der Tradition der großen karolingischen Buchmalerei. Einige der Miniaturen reichen vermutlich sogar auf antike Vorlagen zurück. Doch gibt der Bilderschmuck Aufschluss über die Zeit der Entstehung des Psalters, etwa im Hinblick auf Kleidung und Mode. Einzelne Motive überschneiden oft den Rand des rahmenden Bildgrundes. Dies ist nur ein Hinweis auf die großen Meister ihrer Kunst, die hier am Werk waren und innovativ und durchdacht eine herausragende karolingische Bilderhandschrift fertigten.
Ein französisches Meisterwerk
Wer diese Pracht geschaffen hat, ist heute nicht bekannt. Jedoch konnte sich die Forschung darauf einigen, dass der Stuttgarter Psalter, entstanden zwischen 820 und 830, ein Meisterwerk aus dem Skriptorium von St. Germain-des-Prés in Paris ist. Dieser bedeutende Entstehungsort war zu der Zeit die Grabstätte der Könige und reichste Abtei rund um Paris. Doch sogar der Auftraggeber und die Umstände der Entstehung sind heute ein ungelöstes Geheimnis, genauso wie die weitere Provenienz des Psalters.
Ein Geschenk für den Kurfürsten
Benannt ist die Handschrift heute nach ihrem aktuellen Aufbewahrungsort: der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart. Dorthin gelangte der Codex wahrscheinlich gegen Ende des 18. Jahrhunderts als Geschenk von Daniel Gottlieb Friedrich Faber an den Kurfürsten Herzog Carl Eugen von Württemberg in die von ihm neu gegründete Landesbibliothek. 1000 Jahre nach ihrer Entstehung erfuhr die Handschrift endlich die ihr angemessene Beachtung und wissenschaftliche Beschäftigung, etwa eine erste Beschreibung im Reisebericht eines englischen Bibliothekars.
Bewundert und begehrt
Die Begeisterung und Bewunderung, die dem Stuttgarter Psalter entgegenschlug, war jedoch nicht nur zu seinem Vorteil. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde der Codex mehrmals zerlegt und in Ausstellungen präsentiert und konnte erst vor zehn Jahren wieder aufwändig restauriert werden. Heute präsentiert sich dieses Schmuckstück der karolingischen Buchkunst wieder in seinem ursprünglichen Glanz.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Stuttgart Psalter
Stuttgart Picture Psalter
Psautier de Stuttgart - Umfang / Format
- 336 Seiten / 26,5 × 17,5 cm
- Herkunft
- Frankreich
- Datum
- 820–830
- Epoche
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Karolingische Minuskel Römische Capitalis Rustica
- Buchschmuck
- 316 farbigen Miniaturen, 162 geschmückte initialen
- Inhalt
- 150 Psalmen nach gallikanischem Ritus
- Vorbesitzer
- Herzog Karl II. von Württemberg
Daniel Gottlieb Friedrich Faber
Gottlieb Friedrich Faber
Stuttgarter Bilderpsalter
Dekorative Initiale: Psalm 102
Dies ist einer der Sieben Bußpsalmen und wird in der hebräischen Tradition als "ein Gebet für die Betrübten" bezeichnet. Anstatt ein Incipit oder eine große Initiale für die Anfangszeilen zu haben, entschied man sich an dieser Stelle dafür, die folgende Passage mit einer ungewöhnlichen und stark stilisierten "S"-Initiale mit dem Kopf eines Reihers und mit Blattgold hervorzuheben: "Ich bin wie eine Dohle in der Wüste, wie eine Eule in öden Ruinen. Ich liege wach und ich klage wie ein einsamer Vogel auf dem Dach.“ (Ps 102, 7-8)
Stuttgarter Bilderpsalter
Die Kreuzigung
Diese ungewöhnliche Kreuzigungsszene ist in zwei Register unterteilt. Oben scheint Christus vor einem verblichenen dunkelblauen Hintergrund mehr am Kreuz zu stehen als zu hängen. Obwohl in jedem seiner Füße ein Nagel steckt, sind seine Hände nicht durchbohrt, ebenso wie seine Seite, und sein Gesicht bleibt gelassen – er ist Christus der König, der bereits über den Tod triumphiert, im Gegensatz zu dem menschlicheren, leidenden Christus, der sonst so häufig dargestellt wird.
Zwei Soldaten, die in der Nähe des Kreuzes sitzen, weisen auf die Engel hin, die den Messias flankieren, während zwei weitere im unteren Register um sein Gewand streiten, wobei einer ein Messer bereithält. Die bemerkenswertesten und ungewöhnlichsten Merkmale dieser Miniatur sind jedoch ein Einhorn und ein Löwe sowie ein ungewöhnlich muskulöser Christus mit Brustmuskeln fast schon wie bei einem Bodybuilder.
#1 Stuttgarter Bilderpsalter (Vorzugsausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
(3.000€ - 7.000€)
#2 Stuttgarter Bilderpsalter (Normalausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
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