Johannes de Ketham: Fasciculus Medicinae

Johannes de Ketham: Fasciculus Medicinae

Venedig (Italien) — 1495

Das erste illustrierte medizinische Lehrbuch in der Geschichte des Buchdrucks: Die einflussreiche Textsammlung des Johannes de Ketham in einer außergewöhnlichen venezianischen Inkunabel mit zehn bemerkenswerten Holzschnitten

  1. Johannes de Ketham (um 1415–1470) war ein deutscher Arzt aus Kirchheim unter Teck, der in Wien praktizierte und später Medizinprofessor war

  2. Er gab erstmals 1491 die Textsammlung *Fasciculus Medicinae* heraus, die einen Einblick in das medizinische Wissen des Spätmittelalters gibt

  3. Die kompilierten Traktate werden von 10 ganzseitigen Holzschnitten begleitet, die Kranke, Pflegende, Ärzte und die menschliche Anatomie visualisieren

Johannes de Ketham: Fasciculus Medicinae

Ausgabe bei uns verfügbar!
Preis Kategorie: €€
(1.000€ - 3.000€)
  1. Beschreibung
  2. Detailbild
  3. Einzelseite
  4. Faksimile-Editionen (1)
Beschreibung
Johannes de Ketham: Fasciculus Medicinae

Das Fasciculus Medicinae ist nicht nur eines der frühesten gedruckten medizinischen Bücher, sondern darüber hinaus mit 10 bemerkenswerten Holzschnitten versehen, die einen Einblick in die Körperauffassung und die medizinische Praxis im späten Mittelalter geben. Die ganzseitigen Illustrationen zeigen anatomische Darstellungen von Körpern, die Behandlung Kranker, aber auch Pflegende. Sie ergänzen eine Sammlung von medizinischen Traktaten berühmter mittelalterlicher Ärzte, die als Autoren und Lehrer ebenfalls dargestellt werden und über Themen wie Chirurgie, Anatomie, Kinderkrankheiten, aber auch die Pest schreiben. Diese Textkompilation gab Johannes de Ketham (um 1415–1470), ein in Wien praktizierender Arzt und späterer Medizinprofessor, erstmals 1491 heraus, um das gesammelte medizinische Wissen einem breiteren Fachpublikum zugänglich zu machen. Das lateinische Werk wurde schnell zu einem wahren Bestseller unter Ärzten, was innerhalb weniger Jahre zu Übersetzungen ins Italienische und Spanische führte und zahlreiche Neuauflagen motivierte. Die zweite lateinische Ausgabe von 1495 zeichnet sich zudem durch eine Ergänzung um ein chirurgisches Traktat und naturalistischere Holzschnitte aus.

Johannes de Ketham: Fasciculus Medicinae

Johannes de Ketham (um 1415–1470), eigentlich Johannes Kellner von Kirchheim, war ein deutscher Arzt aus Kirchheim unter Teck, der in Wien praktizierte und später Medizinprofessor war. Es wird vermutet, dass er das Fasciculus Medicinae selbst nutzte und in seinen Vorlesungen empfahl, da es einige in der spätmittelalterlichen Fachwelt bekannte medizinische Traktate versammelt. Diese stammen weder aus seiner Feder noch trug er sie selbst zusammen – de Kethams Verdienst liegt in seiner Herausgeberschaft der ersten gedruckten und damit deutlich zugänglicheren Version der Textsammlung, deren Titel so viel wie „Bündel der Medizin“ bedeutet.

Anatomie, Pest und Astrologie

Das Kompendium bietet einen bemerkenswerten Einblick in die medizinische Praxis des 15. Jahrhunderts, indem es antike und mittelalterliche Traditionen mit Innovationen der Renaissance verbindet. Die Abhandlungen greifen zentrale medizinische Themen auf, die die Ärzte dieser Zeit umtrieben – von der Therapie besonderer Krankheiten wie der Pest und diagnostischen Verfahren wie der Uroskopie, der auch ein Holzschnitt gewidmet ist, über Anatomie und Gynäkologie bis hin zur astrologisch korrekten Durchführung des Aderlasses. Die Traktate werden im Werk selbst Petrus de Taussignano, Mundinus de Luzzi, Rhazes und Petrus de Montagnana zugeschrieben. Letzterer erscheint mit expliziter Inschrift auf dem ersten Holzschnitt als schreibender Lehrmeister.

Ein Bestseller des Spätmittelalters

Die erste Ausgabe des Fasciculus Medicinae erschien 1491 bei den Brüdern Giovanni und Gregorio Gregorius in Venedig, die bereits Erfahrung im Druck von medizinischen Inkunabeln mitbrachten. Schnell wurde das Werk zu einem Verkaufsschlager, der nicht nur in Latein nachgedruckt wurde, sondern innerhalb weniger Jahre ins Italienische, Spanische und Niederländische übersetzt wurde. In den rund 30 Jahren nach Erscheinen wurden sage und schreibe 20 Neuauflagen gedruckt. Die vorliegende Ausgabe von 1495 wurde zudem durch ein weiteres chirurgisches Traktat ergänzt und zeichnet sich durch noch naturalistischere Holzschnitte aus.

Innovative Holzschnitte

Die zehn ganzseitigen Holzschnitte des Werks sind besonders bemerkenswert: Sie illustrieren mit wenigen Linien die komplexen Themen der Abhandlungen. Dabei beeindrucken vor allem die Bilder von menschlichen Körpern, deren Anatomie erstaunlich naturalistisch ist und die sofort Assoziationen mit großen Renaissance-Malereien und -Skulpturen wecken, da sie zugleich das Schönheitsideal der Zeit aufgreifen. Einige Illustrationen zeigen aber auch Ärzteals Lehrer, Anatomen und auch praktizierend – sowie Pflegende, die die Kranken behandeln und den ärztlichen Anweisungen folgen.

Ein Einblick in mittelalterliche Körperbilder

Der Fasciculus Medicinae vermittelt uns heute durch die Kombination aus Text und Bild einen bedeutsamen Einblick in die Körpervorstellungen und Medizinkonzepte des Mittelalters. Noch im 15. Jahrhundert wurde der Mensch mit unerschütterlicher Gewissheit als Teil der göttlichen Welt und damit als ein Mikrokosmos im Makrokosmos verstanden. Trotz medizinischer Innovationen und erster Autopsien war das Innere des Körpers zu dieser Zeit noch immer ein großes Rätsel, wobei weibliche Körper besonders tabuisiert und stigmatisiert waren. So ist es kein Wunder, dass sich Ärzte im späten Mittelalter bzw. der frühen Renaissance weiterhin an der lange tradierten Viersäftelehre und astrologischen Regeln orientierten. Als besonders bedrohlich galten in dieser Zeit vor allem Verletzungen, Kinderkrankheiten und die Pest, worin sich auch die damaligen Umstände widerspiegeln. Das Werk ist demnach in jeder Hinsicht ein bedeutendes Zeugnis spätmittelalterlicher Medizingeschichte.

Kodikologie

Umfang / Format
80 Seiten / 32,5 × 23,0 cm
Herkunft
Italien
Datum
1495
Sprache
Buchschmuck
10 ganzseitige Illustrationen
Inhalt
Sammelband aus sechs verschiedenen medizinischen Traktaten
Auftraggeber
Johannes de Ketham (um 1415–1470) (Herausgeber)
Künstler / Schule

Verfügbare Faksimile-Editionen:
Fasciculus Medicinae
Editions Medicina Rara – Stuttgart, 1975
Limitierung: 2800 Exemplare (500 Exemplare in Volleder gebunden, 2300 Exemplare in Halbleder), Vorzugsausgabe von Hand gebunden
Detailbild

Johannes de Ketham: Fasciculus Medicinae

Uroskopie

Die Uroskopie - die Analyse des Urins - galt von der Antike bis zur frühen Neuzeit als wichtigstes diagnostisches Mittel des Arztes. In mittelalterlichen medizinischen Handschriften war häufig ein so genanntes "Urinrad" abgebildet, ein Diagramm, das typischerweise aus 20 Fläschchen mit unterschiedlich gefärbtem Urin und den entsprechenden Diagnosen bestand. Außerdem zeigt die verbreitetste Darstellung eines mittelalterlichen Arztes, wie er ein Glasgefäß mit Urin gegen das Licht hält. Dieser Holzschnitt, der einer Seite mit einem Urinrad vorangestellt ist, zeigt Ärzte in der Kleidung wohlhabender deutscher Renaissance-Bürger, die über die richtige Diagnose einer Urinprobe diskutieren.

Fasciculus Medicinae
Einzelseite

Johannes de Ketham: Fasciculus Medicinae

Autopsie

Die Verletzung des menschlichen Körpers war sowohl im Christentum als auch in den heidnischen Religionen des Altertums, die ihm vorausgingen, verboten. Die Beschränkungen für das Sezieren menschlicher Körper zu Lehrzwecken wurden jedoch im Spätmittelalter allmählich gelockert, als die humanistischen Grundsätze der aufkommenden Renaissance auch von den Medizinern übernommen wurden.

Unter der Aufsicht des Medizinprofessors, der in allen Holzschnitten dieses Codex zu sehen ist, setzt ein Arzt gerade zum ersten Schnitt zur Öffnung der Brusthöhle eines auf einem Tisch aufgebahrten Leichnams an. Zwei weitere Figuren scheinen bei dem Eingriff zu assistieren, während die anderen zurückbleiben, beobachten und miteinander über den Beginn dieser revolutionären Vorlesung diskutieren.

Fasciculus Medicinae
Faksimile-Editionen

#1 Fasciculus Medicinae

Editions Medicina Rara – Stuttgart, 1975

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Editions Medicina Rara – Stuttgart, 1975
Limitierung: 2800 Exemplare (500 Exemplare in Volleder gebunden, 2300 Exemplare in Halbleder), Vorzugsausgabe von Hand gebunden
Einband: Blauer Halbledereinband mit Goldprägung bzw. schwarzer Ganzledereinband mit Blindprägung. Faksimile kommt im Schuber.
Faksimile: 1 Band Vollfaksimile des gesamten Originaldokuments (siehe unten) Möglichst detailgetreue Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
Ausgabe bei uns verfügbar!
Preis Kategorie: €€
(1.000€ - 3.000€)
Filterauswahl
Verlag