Atlas des Großen Kurfürsten (Mauritius-Atlas)

Atlas des Großen Kurfürsten (Mauritius-Atlas)

Dieser gewaltige und prachtvolle Atlas, der in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt wird, ist ein wunderbares Zeugnis der Qualität der niederländischen Karten des 17. Jahrhunderts, die ein beliebter Wandschmuck waren. Er wurde im Jahr 1664 von Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604–79) in Auftrag gegeben, von dem der Codex auch seinen Namen "Mauritius-Atlas" hat. Den Einband ziert sein Wappen, unterlegt mit dem achtzackigen Malteserkreuz, an dem ein Elefant hängt, wobei ersteres auf seinen Status als Großmeister des Johanniterordens (Vogtei Brandenburg) und letzteres auf seine Mitgliedschaft im dänischen Elefantenorden verweist.
Johann Moritz war als Bibliophiler bekannt und besaß eine beeindruckende Privatbibliothek, die er auch Gastwissenschaftlern zur Verfügung stellte. Sein Atlas beginnt mit einer Titelseite, gefolgt von einem großformatigen Wappen von Kurfürst Friedrich Wilhelm I. und einem Inhaltsverzeichnis. Die Reihenfolge der Wandkarten entspricht in etwa der Reihenfolge in modernen Atlanten, beginnend mit einer Weltübersicht, gefolgt von Europa, Deutschland, Preußen, den übrigen europäischen Ländern und den Kontinenten Asien, Afrika und Amerika. Diese Werke spiegeln den Wissensstand ihrer Zeit wider und basieren oft auf früheren Werken.

Die Geschichte des gewaltigen Wälzers

Der erstaunliche Codex wurde als prachtvolles Geschenk an Herzog Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg (1620–88) überreicht und sollte als Wandbehang in der Bibliothek seines Berliner Schlosses ausgestellt werden. Man braucht sechs Personen, um ihn zu tragen, und bis zu vier, um die Seiten dieses Buches umzublättern, das aufgeschlagen die Größe eines Bettes hat. Der Atlas wurde ab 1782 in der neu erbauten Königlichen Bibliothek ausgestellt, 1884 in das benachbarte Holländische Palais verlegt und erreichte 1910 seinen endgültigen Aufbewahrungsort im großen Neubau der Staatsbibliothek Unter den Linden.
Der Atlas des Großen Kurfürsten war bis 2010 der größte Atlas der Welt und wurde als solcher auf der Weltausstellung in Chicago 1893 präsentiert. Er ist sogar größer als der Rostocker Große Atlas und der Klencke-Atlas in London und eines der größten und schwersten Bücher überhaupt. Auf der Rückreise wurde der ursprüngliche Einband durch einen Riss in den Eichenbrettern beschädigt, und die Seeluft führte dazu, dass sich die Papierkarten wellten. Die Restaurierungsarbeiten begannen jedoch erst 1931, als neue Holzplatten und Leder mit den ursprünglichen Beschlägen und Schließen versehen wurden. Nachdem der Atlas den Zweiten Weltkrieg und die Gefechte um Berlin ohne Beschädigung oder Plünderung überstanden hatte, wurde er in der Deutschen Staatsbibliothek in Ost-Berlin einer zweiten, historisch angemesseneren Restaurierung unterzogen.

Der Große Kurfürst

Friedrich Wilhelm ist wegen seiner militärischen Leistungen und des Wiederaufbaus und der Reform des preußischen Staates nach den Verwüstungen des 30-jährigen Krieges als "der Große Kurfürst" bekannt. Das von ihm geschaffene stehende Heer von 45.000 Mann bildete die Grundlage für die spätere berühmte Königlich-Preußische Armee. Sein Wirtschaftsprogramm konzentrierte sich auf den Aufbau der Infrastruktur und beinhaltete eine Politik der religiösen Toleranz, die qualifizierte französische und wallonische Hugenotten sowie andere ausländische Handwerker zur Auswanderung bewegte und die technische und industrielle Basis des Landes stärkte. Während seiner 48 Jahre währenden Herrschaft verwandelte er das Herzogtum Preußen von einem verwüsteten und entvölkerten Staat in eine der Großmächte Europas, die unter seinem Sohn und Erben zu einem Königreich wurde.