Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum – Millennium Liber – Codex St. Peter perg. 92 – Badische Landesbibliothek (Karlsruhe, Deutschland)

Arras (Frankreich) — Erstes Viertel des 14. Jahrhunderts (vor 1322)

Mit Unterstützung der französischen Königin und verblüffend realistischen Miniaturdarstellungen: Ein lebensnahes Porträt und eigene Texte von Ramon Llull, dem spanischen Universalgenie des 13. Jahrhunderts

  1. Ramon Llull (gest. 1315/16) war ein Mathematiker, Philosoph, Logiker, Schriftsteller und Mystiker

  2. Diese Handschrift wurde in Auftrag gegeben, um Llulls Lehren am französischen Hof bekannt zu machen

  3. Ihre 12 Miniaturen sind charakteristische Exemplare der Frühgotik aus Nordfrankreich

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum

  1. Beschreibung
  2. Detailbild
  3. Einzelseite
  4. Faksimile-Editionen (3)
Beschreibung
Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum

Ramon Llull (ca. 1232 – ca. 1315/16) war ein spanischer Universalgelehrter aus dem Königreich Mallorca, der als einer der bedeutendsten Geister seiner Zeit gilt und dessen Genie heute erneut geschätzt wird, da die Bedeutung seiner Werke in den letzten Jahren wiederentdeckt wird. Diese Handschrift ist eine der schönsten und prägnantesten Quellen über sein Leben und sein Denken. Von der Königin von Frankreich in Auftrag gegeben, wurde sie von einem Schüler Llulls, Thomas Le Myésier (gest. 1336), geschaffen. Die Handschrift enthält eine bemerkenswert genaue Darstellung Lulls, die seinem tatsächlichen Aussehen sehr nahekommen dürfte, was sonst in der mittelalterlichen Kunst fast nie vorkommt. Die 12 Miniaturen der Handschrift gelten als einige der schönsten Exemplare der frühen Gotik in Frankreich.

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum

Abgesehen davon, dass er der Autor des ersten großen Werkes der katalanischen Literatur ist, war Ramon Llull (ca. 1232 - ca. 1315/16) ein Mathematiker, Philosoph, Logiker, Schriftsteller und Mystiker aus dem Königreich von Mallorca. Er setzte sich für die Bekehrung der Mauren ein, wobei er sich der Philosophie und Theologie bediente, um sie davon zu überzeugen, aus freien Stücken zum Christentum zu konvertieren – ohne Androhung von Gewalt oder Einschüchterung. Diese prächtige Handschrift über sein Leben und seine Werke enthält zwölf Miniaturen, die als einige der schönsten Exemplare der französischen Buchmalerei des frühen 14. Jahrhunderts gelten dürfen. Sie ist nicht nur eine der wichtigsten Quellen über den berühmten katalanischen Philosophen, sondern auch eine der frühesten säkularen Biographien. Bemerkenswerterweise haben die Miniaturen Bildunterschriften wie moderne Cartoons.

Prachtvolle Bildsprache

Die meisten Miniaturen zeigen Szenen aus Llulls Leben, beginnend mit seiner religiösen Vision im Jahr 1263 und endend 1307 während seiner zweiten Reise nach Tunis, wo er mit muslimischen Gelehrten diskutierte. Seine geschmeidige, gotisch gehaltene Figur ist in einen einfachen braunen Habit gekleidet und er trägt einen grauen Vollbart, während der Leser seine Reisen und Werke verfolgt. Die übrigen Miniaturen sind allegorischer Natur und veranschaulichen Prinzipien aus Llulls philosophischen Lehren, darunter eine schöne Miniatur, in der er und Myésier einer französischen Königin seine Werke präsentieren, von einem prächtigen architektonischen Rahmen der Gotik eingefasst. Aufgrund der engen Beziehung zwischen Myésier und Llull und seiner persönlichen Aufsicht über die Herstellung der Handschrift wird außerdem angenommen, dass die Miniaturen Llulls körperliche Erscheinung ungewöhnlich genau wiedergeben dürften, was in der mittelalterlichen Kunst außergewöhnlich selten vorkommt.

Die Reisen einer königlichen Kommission

Die Handschrift wurde von Thomas Le Myésier (gest. 1336) geschaffen, der von Lull unterrichtet und betreut wurde, und scheint innerhalb weniger Jahre nach dem Tod seines Meisters im Jahr 1316, wahrscheinlich um 1321, in Nordfrankreich entstanden zu sein. Es wurde von der französischen Königin, wahrscheinlich von Johanna II. von Burgund (1292-1330), in Auftrag gegeben, um Llulls Lehren an den französischen Hof von König Philipp V. (ca. 1293-1322) zu bringen. Seitdem hat das Manuskript in den nächsten fünf Jahrhunderten eine turbulente Besitzgeschichte erlebt, während der es durch verschiedene Hände ging. Im 16. Jahrhundert verließ es zunächst Paris in Richtung Poitiers, wo es in den Besitz eines Kanonikers der Kathedrale von St. Pierre gelangte. Es ist nicht dokumentiert, was mit der Handschrift zwischen 1582 und 1736 geschah, als sie jedoch dann vom Freiburger Juristen Joseph Anton Weigel an Ulrich Bürgi, den Abt des Benediktinerklosters St. Peter im Schwarzwald, verkauft wurde. Nach der Säkularisation des Klosters 1806/07 ging sie zusammen mit dem Rest der Klosterbibliothek in der Hofbibliothek des Großherzogs von Baden in Karlsruhe auf, aus der sich die heutige Badische Landesbibliothek entwickelt hat.

Kodikologie

Alternativ-Titel
Codex St. Peter perg. 92
Breviculum ex artibus Raimundi Lulli
Ramon Llull Breviculum
Breviculum of Thomas Le Myésier
Umfang / Format
90 Seiten / 34,5 × 28 cm
Herkunft
Frankreich
Datum
Erstes Viertel des 14. Jahrhunderts (vor 1322)
Stil
Sprache
Schrift
Gotische Textualis semiquadrata
Buchschmuck
12 ganzseitige und ungewöhnlich realistische Miniaturen mit Szenen aus Ramon Llulls Leben
Inhalt
Breviculum ex artibus Raimundi Lulli electum von Thomas Le Myésier
Auftraggeber
Johanna II. von Burgund, Königin von Frankreich
Künstler / Schule
Vorbesitzer
Johanna II. von Burgund, Königin von Frankreich
Kathedrale von St. Pierre, Poitiers
Anton Weigel
Abt Ulrich Bürgi
Hofbibliothek des Großherzogs von Baden

Verfügbare Faksimile-Editionen:
Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum – Millennium Liber – Codex St. Peter perg. 92 – Badische Landesbibliothek (Karlsruhe, Deutschland)
Millennium Liber – Madrid, 2021
Limitierung: 995 Exemplare

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum – Editorial Casariego – Codex St. Peter perg. 92 – Badische Landesbibliothek (Karlsruhe, Deutschland)
Editorial Casariego – Madrid, 1988
Limitierung: 300 Exemplare
Detailbild

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum

Reise nach Tunis

Ramon Llull reiste in den Jahren 1291, 1304, 1308 und 1314 viermal nach Tunis. Dort versuchte er, die muslimische Bevölkerung nicht mit Gewalt zu bekehren, sondern indem er ihnen predigte, mit ihnen über Philosophie diskutierte und für sie betete. Diese Miniatur zeigt Llull auf einem Schiff nach Tunis, das mit zwei Matrosen bemannt ist, von denen der eine das Ruder bedient und der andere mit einem langen Stechpaddel am Bug steht. Die von den Türmen wehenden Flaggen mit Kreuz und Mondsichel weisen darauf hin, dass er von einem christlichen in ein muslimisches Land reist, obwohl die beiden Architekturen im Wesentlichen gleich sind.

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum – Millennium Liber – Codex St. Peter perg. 92 – Badische Landesbibliothek (Karlsruhe, Deutschland)
Einzelseite

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum

Übergabe dreier Codices an die Königin

Dieses Widmungsbild ist in einen farbenprächtigen und vergoldeten Rahmen mit gotischen Architekturelementen und den Wappen der Königreiche Frankreich und Navarra eingefasst. Ramon Llull, der sich auf eine Krücke stützt, und sein kniender Schüler Thomas le Myesier überreichen Johanna II. von Burgund, der Königin von Frankreich und Navarra und Gemahlin von König Philipp V., drei Codices mit Anthologien von Llulls Werken.

Sie trägt eine goldene Krone und ein langes, wallendes Kleid mit Lilienmuster. Ein langer schmaler Stab mit einer weißen Taube am Ende dient als optische Trennung von den Darbringenden. Die Königin wird von ihren Hofdamen begleitet, die bescheiden mit Guimpes bzw. Wimpeln bekleidet sind, einer Kopfbedeckung aus üblicherweise weißem Leinen oder Seide, die um Kopf, Hals und Kinn drapiert wurde. Alle Figuren zeichnen sich durch kunstvoll drapierte Gewänder und schwungvolle Körperlinien aus, die ihnen die typische gotische Eleganz und Dynamik verleihen. Lediglich der kniende Thomas le Myesier wirkt etwas steif.

Ramon Llulls Electorium Parvum seu Breviculum – Millennium Liber – Codex St. Peter perg. 92 – Badische Landesbibliothek (Karlsruhe, Deutschland)
Faksimile-Editionen

#1 Ramon Llull Breviculum

Millennium Liber – Madrid, 2021

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Millennium Liber – Madrid, 2021
Limitierung: 995 Exemplare
Einband: Ledereinband mit Blindprägung
Kommentar: 1 Band von Fernando Domínguez Reboiras und Amador Vega Esquerra
Sprache: Spanisch
Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
€€ (1.000€ - 3.000€)
Ausgabe bei uns verfügbar
Preis: Hier anmelden!

#2 Raimundus Lullus – Thomas le Myésier, Electorium Parvum seu Breviculum (Leather Edition)

Reichert Verlag – Wiesbaden, 1989

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Reichert Verlag – Wiesbaden, 1989
Einband: Ledereinband
Kommentar: 1 Band von Walburga Büchel, Theo Pindl-Büchel, Gerhard Stamm, Felix Heinzer und Rolf Hasler
Sprache: Deutsch
Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Die Seiten werden vor weißem Hintergrund präsentiert. Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
€ (unter 1.000€)
Ausgabe bei uns verfügbar
Preis: Hier anmelden!

#3 Electorium parvum seu breviculum

Editorial Casariego – Madrid, 1988

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Editorial Casariego – Madrid, 1988
Limitierung: 300 Exemplare
Einband: Grauer Samteinband im Leinenschuber
Kommentar: 1 Band (105 S.) von Lola Badía, Gerhard Stamm, Charles Lohr, Felix Heiner, Rolf Hasler, Walburga Büchel und Theo Pindl-Büchelby
Sprache: Spanisch
Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
€€ (1.000€ - 3.000€)
Ausgabe bei uns verfügbar
Preis: Hier anmelden!
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