Stundenbuch Friedrichs von Aragon
Unter den prächtigen Manuskripten, die in der letzten Phase der europäischen Buchmalerei entstanden sind, gilt das Stundenbuch Friedrichs von Aragon als etwas ganz Besonderes. Die Arbeiten an der Handschrift begannen um 1501 in Neapel, doch KĂśnig Friedrich war gezwungen, abzudanken und in ein "goldenes Exil" nach Frankreich zu gehen. Er lieĂ das Manuskript 1502 in der Touraine von einem Team aus drei KĂźnstlern fertigstellen: Jean Bourdichon, Ioan Todeschino und der Meister der Claude de France. Die 62 ganzseitigen Miniaturen in der Handschrift stammen von Bourdichon und gelten als seine besten Arbeiten, während Todeschino und der Meister der Claude de France die Rahmen und BordĂźren schufen. Die Miniaturen wurden zunächst auf feinem Pergament ausgefĂźhrt, bevor sie in die Seiten des Manuskripts geklebt und in die architektonischen Rahmen integriert wurden. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist eines der grĂśĂten Meisterwerke der Buchkunst der Renaissance.
Stundenbuch Friedrichs von Aragon
Das Stundenbuch Friedrichs von Aragon wird als "besonders gelungenes Kunstwerk" beschrieben und ist eines der schĂśnsten, erhaltenen Exemplare der Reenaissance-Buchkunst. Neben den typischen Texten eines Stundenbuchs enthält die Handschrift auch Perikopen der vier Evangelisten, das Stundengebet der Jungfrau Maria, das Totenoffizium, die BuĂpsalmen und andere liturgische Texte. Im Gegensatz zu den meisten StundenbĂźchern hat es kein Kalendarium und das Wappen Friedrichs erscheint nicht am Anfang, sondern am Ende des Codex, was mĂśglicherweise auf eine Neubindung im 18. Jahrhundert zurĂźckzufĂźhren ist.
Das Werk ist das Ergebnis der Zusammenarbeit dreier renommierter Kßnstler der Zeit. Die prächtige Ausstattung zeugt vom Reichtum seines kÜniglichen Auftraggebers, Friedrich von Aragon (1452-1504), des letzten KÜnigs von Neapel aus dem neapolitanischen Zweig des Hauses Traståmara. Die Arbeit an der Handschrift wurde 1501 begonnen und im Laufe des Jahres 1502 abgeschlossen. Es wird angenommen, dass ein Schreiber in Neapel den Text in humanistischer Schrift ausfßhrte, bevor Friedrich abgesetzt wurde und ins Exil gehen musste. Friedrich nahm einen seiner Lieblingskßnstler, einen Neapolitaner namens Ioan Todeschino (gest. 1503), mit nach Frankreich, wo die Illumination der Handschrift vollendet wurde.
Buchmalerei der ersten Klasse
In Frankreich arbeitete Todeschino eng mit Jean Bourdichon (1457/59-1521) und dem Meister von Claude de France zusammen, um ein Werk zu schaffen, das eine Brßcke zwischen der franzÜsisch-flämischen Tradition und der venezianischen Renaissance schlägt. Bourdichon schuf die 62 ganzseitigen Miniaturen, die zu seinen bedeutendsten Werken zählen. Sie wurden zunächst auf Rechtecke aus dßnnem Pergament gemalt und nach ihrer Fertigstellung auf die Seiten des Buches geklebt. Jede Miniatur erscheint auf der Verso- bzw. linken Seite, begleitet von einer reich verzierten Recto- bzw. rechten Seite mit dem Text eines neuen Abschnitts. Sie wurden dann von Todeschino und dem Meister von Claude de France mit dekorativen Rahmen versehen, die entweder florale Ornamente oder klassische Elemente wie Pilaster, Kandelaber, Edelsteine oder imaginäre Figuren in einem unverkennbar venezianisch-paduanischen Stil zeigen.
Ein Leben im Exil
Friedrich wurde nach dem Tod seines Neffen KĂśnig von Neapel und wurde am 26. Juni 1497 gekrĂśnt. Allerdings hatte auch die franzĂśsische Krone Anspruch auf das KĂśnigreich, das 1499 eingenommen wurde. Als Friedrichs Cousin Ferdinand II. (1452-1516) ihm zu Hilfe kam und die Franzosen 1501 vertrieb, behielt er das KĂśnigreich fĂźr sich und lieĂ Friedrich absetzen. Ironischerweise war es der franzĂśsische KĂśnig, der Friedrich eine Zuflucht und eine jährliche Rente von dreiĂigtausend Pfund anbot, und so ging er in ein "goldenes Exil" im Château de Plessis-lez-Tours im Loiretal. Dort lieĂ er dieses kostbare Juwel der Buchmalerei illuminieren, vielleicht als schĂśnes Trostpflaster fĂźr den Verlust seines KĂśnigreichs.
Der Weg nach Paris
Als Friedrich immer ärmer wurde, war er 1503 gezwungen, einen GroĂteil seiner Bibliothek zu verkaufen, um seine Schulden zu begleichen. Seine Frau Isabella del Balzo (1465-1533) erbte den Rest der Sammlung, die dann auf ihren Sohn Herzog Ferdinand von Kalabrien (1488-1550) Ăźberging. Es wird angenommen, dass der Herzog das vorliegende prächtige Manuskript nach Spanien brachte, wo es in die Sammlungen der Universität von Valencia aufgenommen wurde. Es war eines von fĂźnf BĂźchern, die die Bibliothèque nationale de France im Februar 1828 von einem Engländer namens Monsieur Fergusson kaufte. Zu dieser Zeit trug es bereits den Stempel von Joseph Bonaparte (1768-1844), der von 1806 bis 1808 als KĂśnig von Neapel regiert hatte, jedoch ist nicht bekannt, wie Monsieur Fergusson die Manuskripte erworben hatte. Eine mĂśgliche Erklärung ist, dass der Codex nach der Schlacht von Vitoria im Jahr 1813 erbeutet wurde und als ein Teil des Gepäcks von Joseph, dem damaligen KĂśnig von Spanien, von englischen Truppen beschlagnahmt wurde. SchlieĂlich wurde er 1828 von der Vorgängerin der heutigen Bibliothèque nationale de France, der franzĂśsischen Nationalbibliothek, erworben.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Hours of Frederick of Aragon
Libro de Horas de Federigo de Aragona
HorĂŚ ad usum Fratrum PrĂŚdicatorum, dites Heures de FrĂŠdĂŠric dâAragon
Hours of Frederick of Naples - Umfang / Format
- 388 Seiten / 24,5 Ă 15,5 cm
- Herkunft
- Frankreich
- Datum
- 1501â1502
- Stil
- Sprache
- Schrift
- Humanistisch
- Buchschmuck
- 64 ganzseitige Miniaturen; 34 kleinere Miniaturen
- Auftraggeber
- Friedrich von AragĂłn (1452â1504)
- KĂźnstler / Schule
- Giovanni Todeschino
Jean Bourdichon
Meister der Claude de France - Vorbesitzer
- Isabella del Balzo
Ferdinand von Aragonien, Herzog von Kalabrien
Joseph Bonaparte, KĂśnig von Neapel
#1 Libro de Horas de Federigo de Aragona
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Spanisch
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