Das 12. Jahrhundert in Europa: Kreuzzüge, Machtkämpfe und der Niedergang des Byzantinischen Reichs

Der 8. Teil unserer Jahrhunderte-Reihe bietet einen Überblick über das epische 12. Jahrhundert, beginnend mit der Entstehung der Kreuzfahrerstaaten in der Levante, dem glücklosen Zweiten Kreuzzug sowie ähnlichen religiös motivierten Kriegen, die in diesen Zeiten in Zentraleuropa und auf der iberischen Halbinsel geführt wurden.

Danach wenden wir uns den Geschehnissen in Italien und dem Heiligen Römischen Reich zu, in deren Zentrum die mythenumrankte, historische Persönlichkeit Kaiser Friedrich I. Barbarossa steht.

Im Anschluss daran betrachten wir die zunehmend verwickelte und schwierige Beziehung zwischen Frankreich und England, bevor wir unseren Blick erneut in den Nahen Osten lenken, wo bereits der Dritte Kreuzzug in vollem Gange ist.

Einige Bemerkungen zu den Ereignissen im Byzantinischen Reich schließen das Jahrhundert ab. 

Veranschaulichung anhand einer Beispielseite

Perikopenbuch von St. Peter

Die Beschneidung Jesu

Wie das Lukasevangelium berichtet, wurde Jesus acht Tage nach seiner Geburt gemäß dem jüdischen Gesetz beschnitten. Die Figuren in dieser Szene zeigen den wiederentdeckten Naturalismus der romanischen Kunst, obwohl das Skalpell des Rabbiners unangemessen groß ist. Dies ist eine der wenigen eigenständigen Darstellungen der Beschneidung Jesu vor der Renaissance. 

Obwohl die Beschneidung ab dem 10. Jahrhundert ein beliebtes Thema der christlichen Kunst war, war sie typischerweise Teil eines Bildzyklus. Hier führt eine große „P“-Initiale in die Seite ein, eine Gewohnheit, die die romanischen Künstler aus der insularen Buchmalerei übernommen haben. Die Bas-de-page-Miniatur ist offensichtlich von der byzantinischen Kunst beeinflusst, was sich in ihrem glänzenden goldenen Hintergrund und den stark gestikulierenden Figuren zeigt.

Das Kreuzfahrerkönigreich von Jerusalem

Am Weihnachtstag des Jahres 1100 wurde Balduin von Boulogne, der Graf von Edessa, in der Geburtskirche zu Bethlehem zum ersten König von Jerusalem gekrönt. Er war nach seinem Vorgänger, seinem Bruder Gottfried, der zweite Herrscher über das lateinische Jerusalem und als Balduin I. der erste König des neu errichteten Kreuzfahrerstaates, der sich im Norden bis Antiochia und Edessa erstreckte.

Obwohl viele der Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs wieder nach Europa zurückgekehrt waren, traf im Jahr 1101 doch neue Verstärkung als Teil eines kleineren Kreuzzugs in Jerusalem ein, der größtenteils aus denjenigen bestand, die zuvor frühzeitig umgekehrt waren und nun aus Scham zurückkehrten. Mit ihrer Unterstützung dehnte Balduin I. das Königreich Jerusalem aus, eroberte die Städte Arsuf, Caesarea, Akkon und die Grafschaft Tripolis im heutigen Libanon und schlug erfolgreich die islamischen Armeen in den Schlachten von Ramla in den Jahren 1101, 1102 und 1105. Er starb im Jahr 1118, nachdem er die Grenzen seines Königreichs gesichert und eine Kanzlei gegründet hatte, die eine stabile Regierungsführung über Jahre hinaus gewährleisten sollte.

Balduin von Boulogne war der erste König des lateinischen Jerusalems

Seine Nachfolger erzielten weiterhin Erfolge gegen sarazenische, ägyptische und türkische Nachbarn, und vergrößerten das Königreich, bis es um etwa 1140 seine größte territoriale Ausdehnung erreicht hatte. Die Unterwerfung des östlichen Mittelmeerraums unter christlich-europäische Herrschaft war ein enormer Stimulus für einen verstärkten Handel, der wiederum die wachsende Unabhängigkeit der italienischen Stadtstaaten von der kaiserlichen Herrschaft finanzierte und die Kassen der Normannen füllte, die Sizilien und Süditalien kontrollierten.

Der Fall von Edessa und der Zweite Kreuzzug

Die Grafschaft von Edessa wurde im Jahr 1098 von Balduin von Boulogne gegründet und war der älteste der vier Kreuzfahrerstaaten. Als die Stadt im Jahr 1144 von den Türken eingenommen wurde, war dies ein Ereignis, das ganz Europa erschütterte und zum Auslöser des Zweiten Kreuzzugs wurde, zu dem Papst Eugen III. im Dezember 1145 in der ersten „Kreuzfahrtbulle“ aufrief.

Der Fall von Edessa diente als Katalysator für den Zweiten Kreuzzug

An diesem Kreuzzug nahmen erstmals gekrönte europäische Monarchen teil, unter anderem der französische König Ludwig VII. und der deutsche Stauferkönig Konrad III. Als sie im Jahr 1147 aufbrachen, gingen ihre Heere jedoch zunächst getrennte Wege und die Koordination funktionierte weder untereinander noch mit den Byzantinern besonders gut, da sich alle Parteien gegenseitig misstrauten. Die Folge war, dass diese Einzelgänge reihum in Niederlagen mündeten, so dass die gesamte Unternehmung im Jahr 1148 nach und nach eingestellt wurde und die Kreuzfahrer, ohne etwas bewirkt zu haben, nach Europa zurückkehrten. Darin offenbart sich ein Muster: Allein die Befehlsführung und logistische Leitung der eigenen Streitkräfte so weit entfernt von der Heimat war eine fast unüberwindliche Herausforderung, doch erst recht überstieg die Koordinierung der Heere untereinander die organisatorischen Fähigkeiten der Anführer. Vieles davon ist zudem den persönlichen Rivalitäten zuzuschreiben, die die Truppeneinheiten von den oben bis zu den unten Rängen durchzogen, da es sich bei den Kreuzfahrerarmeen um keine professionellen Heere handelte, sondern um feudale Armeen, deren Rückgrat die Ritter bildeten, d. h. Krieger, die ihr Leben der Ausübung der Kampfkunst verschrieben hatten. Ihr Erfolg hing von ihrem Können auf dem Schlachtfeld ab und so standen sie in ständigem Wettbewerb untereinander um den größten persönlichen Ruhm.

Obwohl der Zweite Kreuzzug letztendlich ein Misserfolg war, da weder Edessa zurückerobert noch Damaskus und Askalon eingenommen werden konnten, lieferte er zumindest reichhaltiges Material für die Troubadoure in Frankreich und die Minnesänger in Deutschland, deren Lieder künftige Generationen von Rittern inspirierten, ihre Schilder und Wappen mit einem roten Kreuz auf weißem Grund, dem Erkennungssymbol der Kreuzritter, zu bemalen.

Beginn der Baltischen Kreuzzüge

Das Heilige Land war nicht das einzige Ziel des Zweiten Kreuzzugs. Während viele Süddeutsche bereitwillig an den Kriegszügen in der Levante teilnahmen, waren die Sachsen im Norden mit dringlicheren Angelegenheiten beschäftigt: sie teilten eine strittige und hart umkämpfte Grenze mit verschiedenen Gruppen heidnischer Slawen, von denen besonders die Wenden (Elbslawen) hervorzuheben sind.

Der sogenannte Wendenkreuzzug war vom Papst als Teilunternehmen des Zweiten Kreuzzugs gebilligt. Dadurch war den daran teilnehmenden Rittern der gleiche Status wie den anderen Kreuzfahrern zugesprochen worden und damit der gleiche spirituelle Lohn, der einen vollständigen Erlass all ihrer Sünden versprach. Dänen, Polen und Böhmen schlossen sich den Sachsen im Feldzug von 1147 an. Die Slawen griffen im Frühjahr präventiv sächsisches Gebiet an, wodurch sich die Nachricht verbreitete, sie hätten den Krieg zuerst begonnen. Daraufhin verbrachten die Kreuzritter den Sommer damit, die Heiden aus ihrem eigenen Territorium zu vertreiben, bevor sie verschiedene Festungen und wichtige religiöse Stätten angriffen. Die Erfolgsbilanz des Wendenkreuzzugs war sehr gemischt. Wenngleich die Kreuzritter den Wenden und anderen heidnischen Slawen Tributzahlungen abringen konnten, gelang es ihnen nicht, die Mehrheit der Bevölkerung zum „rechten Glauben“ zu bekehren.

Dennoch sollte dies erst der Beginn einer Reihe von kriegerischen Auseinandersetzungen sein, die heute als Baltische Kreuzzüge bekannt sind, und in deren Verlauf der Deutsche Orden einen eigenen Staat entlang der Ostsee gründete, der sich schließlich zum späteren Preußen weiterentwickeln sollte. Die nördlichen Regionen wurden zum Kampfplatz vieler deutscher Adeliger, darunter auch Herzog Heinrich der Löwe, die sich aufgrund persönlicher Rivalitäten mit Friedrich Barbarossa nicht dessen kaiserlichen Plänen anschließen wollten, sondern eigenen Bestrebungen im nordöstlichen Gebietsausbau nachging.

Die Reconquista erreicht Lissabon

Der dritte Schauplatz des Zweiten Kreuzzugs war die iberische Halbinsel, wo König Alfonso VII. von León und Kastilien und König Alfonso I. von Portugal die päpstliche Befugnis erhalten hatten, ihre Feldzüge gegen die Berber im Rahmen des Zweiten Kreuzzugs zu verfolgen. Dem jungen Königreich Portugal, das erst seit 1143 bestand, wurde im Juni 1147 eine zusätzliche Stärkung seiner Streitkräfte beschert, als eine mit 6000 Kreuzfahrern aus mehreren Nationen bemannte Flotte, die sich von England auf dem Weg ins Heilige Land befand, gezwungen war, aufgrund von Unwettern an der Küste Portugals halt zu machen. König Alfonso I. von Portugal überzeugte die Gäste, sich seinem Angriff auf Lissabon anzuschließen. Die Stadt wurde belagert und kapitulierte nach vier Monaten im Oktober desselben Jahres. Viele dieser Kreuzfahrer blieben anschließend, ließen sich in der Stadt nieder und unterstützten zukünftige Armeen der Reconquista, während andere auf dem Seeweg ins Heilige Land weiterzogen.

Dies war ein bedeutsamer Wendepunkt für die Reconquista insgesamt, und die Portugiesen gewannen durch diesen Vorstoß eine wertvolle Hafenstadt, die schließlich ihre Hauptstadt werden sollte. Der Sündenerlass, den der Papst den Rittern aus ganz Europa als Lohn in Aussicht gestellt hatte, verlieh der Reconquista den Geist der Kreuzzüge und zog auf diese Weise beständig neue Rekruten an. Die christlichen Streitkräfte auf der iberischen Halbinsel waren nun eindeutig in der Offensive und erlebten einen Aufschwung, den sie unaufhaltsam weitertrugen.

Im Vertrag von Cazola (auch „Cazorla“) von 1179 wurden die Zonen der Expansion und Rückeroberung des islamischen Spaniens zwischen den Königreichen Aragon und Kastilien festgelegt, um künftige Konflikte unter den Christen zu vermeiden. Die Unternehmungen auf der iberischen Halbinsel waren die einzigen erfolgreichen Bemühungen des Zweiten Kreuzzugs. Darüber hinaus markieren sie den Beginn der historischen Beziehung zwischen den Königreichen von Portugal und England, die schließlich im 14. Jahrhundert in einem förmlichen Bündnisvertrag ratifiziert wurde – es ist das älteste Bündnis der Welt, das bis heute noch in Kraft ist.

Die Entstehung der monastischen Ritterorden

Eine der wichtigsten und charakteristischsten Entwicklungen des 12. Jahrhunderts war die Entstehung der monastischen Ritterorden, allen voran der Templer, der Malteser (auch als Johanniter oder Hospitaliter bekannt) und der Deutschordensritter.

Die Tempelritter waren die wohlhabendsten und berühmtesten. Ihr Orden wurde im Jahr 1119 gegründet und hatte seinen Hauptsitz in einem Palast auf dem Tempelberg in Jerusalem, darüber hinaus verfügte er über 1.000 Komtureien und Festungen von Jerusalem bis zu den Britischen Inseln. Die Hauptaufgabe der Tempelritter bestand auf dem Papier darin, Pilger zu schützen und den Kreuzzugsheeren als Elitestoßtrupp zu dienen. Tatsächlich waren sie jedoch größtenteils in zivilen Angelegenheiten tätig sowie in unterstützender Funktion als Geldgeber, woraus sich eine Art erstes multinationales Bankensystem entwickelte. Die Kreuzfahrer konnten ihr Geld in einer Komturei in ihrem eigenen Land einzahlen und erhielten dafür einen Scheck, mit dem sie in unterschiedlichen Besitzungen der Templer auf dem Weg ins oder im Heiligen Land selbst das Geld wieder abheben konnten.

Die Templer bildeten den reichsten und berühmtesten Ritterorden

Der älteste Orden war der im Jahr 1099 gegründete Malteser- bzw. Johanniterorden (Hospitaliter), der seinen Sitz an der Stelle des Klosters von Johannes dem Täufer hatte. Wie der Name vermuten lässt, waren sie anfangs für die Instandhaltung von Krankenhäusern und die Versorgung der Pilger verantwortlich, doch dehnte sich ihr Tätigkeitsbereich bald auch auf den militärischen Schutz aus, woraus sich eine beeindruckende Streitmacht entwickelte.

Der Deutsche Orden wurde schließlich im Jahr 1190 während der Belagerung von Akkon gegründet und verfolgte ursprünglich eine ähnliche Mission wie die Malteser. Auch seine Mitglieder entwickelten sich zu einer mächtigen militärischen Streitmacht, die in den kommenden Jahrhunderten vor allem im Nordosten Europas ihren Einfluss geltend machte.

Das normannische Königreich Sizilien

Anders als bei ihren Italienfeldzügen waren die normannischen Armeen bei der Eroberung Siziliens ihren muslimischen Gegnern zahlenmäßig unterlegen. Dennoch errangen sie einen Erfolg nach dem anderen und bauten so einen Mythos der Unbesiegbarkeit auf, der sich unter ihren Feinden verbreitete. Das normannische Königreich Sizilien umfasste die Insel Sizilien, sowie Apulien, Kalabrien und Malta und wurdeam Weihnachtstag des Jahres 1130 unter der Herrschaft von Roger II. gegründet, der von dem Gegenpapst Anaklet II. gekrönt wurde.

Dessen Rivale, Papst Innozenz II., fühlte sich von dieser Allianz bedroht und sicherte sich mit der Krönung Lothars III. zum Kaiser des deutsch-römischen Reichs am 4. Juni 1133 in der Lateranbasilika in Rom gleichfalls einen starken Verbündeten. Nachdem Lothar zunächst unwillig war, für den Papst gegen Roger II., den Unterstützer Anaklets, vorzugehen, beugte er sich seinen Schutzpflichten, nachdem Innozenz erneut aus Rom flüchten musste. Im Jahr 1137 unternahmen kaiserliche und päpstlich Truppen unter der Führung Lothars und Innozenz einen Feldzug gegen die Normannen in Süditalien, der aus verschiedenen Gründen, unter anderem aufgrund rebellierender Soldaten, abgebrochen werden musste. Zwar war nach dem Tod Anaklets im Jahr 1138 und der Machtaufgabe seines Nachfolgers das Schisma beendet, doch waren die politischen Differenzen zwischen Roger und Innozenz noch nicht ausgestanden. Im Jahr 1139 zog der Papst erneut gegen die Normannen, wurde dabei aber gefangengenommen und schließlich gezwungen, Rogers Königswürde und sein Reich anzuerkennen.

Roger II. sah seine Herrschaft im Sinne byzantinischer Vorbilder als gottgegeben an, um damit seinem jungen, geschichtslosen Königreich Legitimation zu verleihen – Sizilien war aufgrund seines üppigen Weizenbestandes und seiner zentralen Lage im Mittelmeer seit dem Altertum ein wichtiger Akteur im Mittelmeerraum gewesen, doch war es immer der Spielball größerer Mächte gewesen und nie eine unabhängige Macht, die ihre Nachbarn beherrschen konnte. Der Einfluss der kriegerischen Normannen sollte dies jedoch ändern. Die Normannen galten zudem als sehr weltoffen und gebildet. So befragten sie beispielsweise die Besatzungen aller ankernden Schiffe, wo sie gewesen waren und was sie gesehen hatten. Die Daten zeichneten sie auf und erlangten dadurch hervorragende Kenntnisse der Geografie sowie der aktuellen Ereignisse.

König Roger II. geht in die Offensive

Nach Konsolidierung seiner Gebiete in Süditalien, vor allem der Beendigung der Selbstorganisation Neapels, und der Umsetzung seiner byzantinisch-inspirierten Regierung, begann Roger, seine Herrschaft auszubauen. Er nahm nicht an den Kreuzzügen teil, nütze aber die Involviertheit anderer zum eigenen Vorteil: Mit seinen Streitkräften griff er mehrere Inseln und die Byzantiner in Griechenland an, plünderte die Städte Athen, Korinth und Theben und nahm von dort die Mehrheit der Juden in Beschlag, die am Seidenhandel beteiligt waren und anschließend die Grundlage der sizilianischen Seidenindustrie in Palermo bildeten. Im Jahr 1153 hatte er Tunis und Tripolis eingenommen und damit die reichsten Regionen Nordafrikas dem eigenen Reich einverleibt. Sein Leben beschloss Roger II. im Jahr 1054 als einer der mächtigsten Könige Europas.

Rogers II. Bestrebungen machten ihn zu einem der mächtigsten Könige Europas

Kaiser Friedrich I. Barbarossa

Kaiser Friedrich I., heute bekannt unter seinem italienischen Beinamen Barbarossa oder „Rotbart“, zählt zu den herausragenden Figuren der deutschen Geschichte, den ein ähnlicher Mythos umgibt wie König Artus in Großbritannien, nämlich der eines „schlafenden Helden“, der eines Tages zurückkehren wird, wenn ihn sein Volk in größter Notlage braucht. Die Anhänger des nationalen deutschen Einheitsgedankens im späten 19. Jahrhundert gingen sogar soweit, zu erklären, das Kaiser Wilhelm I., der erste Regent des neuen Deutschen Kaiserreichs, die Reinkarnation Friedrich Barbarossas sei.

Der historische Friedrich I. begann seine Herrschaft im Jahr 1152 zu einer Zeit, als die kaiserliche Macht gerade an einem Tiefpunkt angelangt war und die deutschen Fürstenhäuser stark und unabhängig waren, allen voran sein Cousin Heinrich der Löwe, der Herzog von Sachsen. Barbarossa war genau genommen der erste, der im Jahr 1157 das Reich als sacrum, als „Heiliges Römisches Reich“ bezeichnete. Er selbst trug den Titel des römisch-deutschen Kaisers, offiziell Romanorum Imperatur Augustus.

Friedrich hatte sich im Zweiten Kreuzzug als Soldat bewährt und erwies sich auch weiterhin als hervorragender Krieger, sowohl indem er die deutschen Fürsten gefügig machte als auch indem er seine Rechte in Italien verfolgte. Bemerkenswert waren seine Ausdauer, sein Ehrgeiz und seine logistischen Fähigkeiten, neben seiner erwähnten kämpferischen Tüchtigkeit auf dem Schlachtfeld. Zwar hatte er eine klassische Bildung genossen, doch er war kein Philosophenkönig, sondern hatte eher den praktischen Sinn eines Bürokraten, man könnte sagen, er war ein Krieger mit ausgeprägtem Sinn für Verwaltung und Organisation. Obwohl es ihm gelang, die meisten seiner Rivalen in Deutschland zu unterwerfen, im Jahr 1182 sogar seinen aufsässigen Cousin Heinrich den Löwen, neigte er eher dazu, die Feudaltradition beizubehalten, als sie zu reformieren, so dass die Form der kaiserlichen Herrschaft und Autorität, wie er sie ausübte, nach seinem Tod nicht für die Nachwelt aufrechterhalten wurde.

Der Streit der Ghibellinen und Guelfen

Während des ersten der insgesamt sechs Italienfeldzüge Friedrichs I., den er in den Jahren 1145/55 unternahm, erhielt er in Pavia die Eiserne Königskrone Italiens und wurde anschließend in St. Peter zu Rom von Papst Hadrian IV. zum römischen Kaiser gekrönt. Allerdings bildeten sich in Italien zwei Gruppierungen: die kaisertreuen „weißen“ Ghibellinen und die papistischen „schwarzen“ Guelfen. Als Ghibellinen wurden die Parteigänger des Reiches bezeichnet, die Friedrichs Vorstellung einer kaiserlichen Herrschaft in Italien unterstützten und zu denen vor allem Familien des Landadels und der kleineren Städte zählten. Die Guelfen hingegen waren Anhänger des Papstes und föderalistischer Strukturen, Kaufleute und größere, selbstständig agierende Handelsstädte standen hauptsächlich auf ihrer Seite. Diese Loyalitäten waren auch strategisch motiviert: wer sich von einer Eingliederung in den Kirchenstaat bedroht fühlte, neigte zu den Ghibellinen, wer jedoch kaiserliche Unterwerfung fürchtete, schloss sich den Guelfen an.

Zwar war es Friedrich I. gelungen, die kaiserliche Autorität in Deutschland wie einst zu Lebzeiten Kaiser Ottos I. wieder herzustellen, doch die zunehmend wohlhabenden oberitalienischen Guelfen-Stadtstaaten des lombardischen Städtebundes sowie die erneuerte Allianz zwischen dem Papst und den Normannen in Sizilien erschwerten seinen Versuch, die imperiale Macht auch südlich der Alpen durchzusetzen. Als es ihm nicht gelang, sich gegen die vereinte Macht der Italiener auf ihrem eigenen Boden zu behaupten, und sein fünfter Italienfeldzug in der Schlacht von Legnano (1176) in einer katastrophalen Niederlage endete, musste Friedrich I. schließlich im Frieden von Venedig (1177) und im Frieden von Konstanz (1183) die Souveränität des Kirchenstaats sowie die Unabhängigkeit der oberitalienischen städtischen Kommunen anerkennen, die ihm nun nurmehr nominell zur Lehenstreue verpflichtet waren. Im Gegenzug bestätigte der Papst den Kaiser als Oberherr der Reichskirche.

Sizilien wird Teil des Heiligen Römischen Reiches

Trotz dieser Rückschläge gelang Friedrich Barbarossa in Süditalien ein politischer Coup. Gegen die Einwände Papst Urbans III. verheiratete er seinen Sohn und Erben Heinrich VI. mit Konstanze, der Erbin des Königreichs Sizilien. Als Tochter des Normannenkönigs von Sizilien Roger II. rückte sie in die Position der Nachfolge, da sämtliche männlichen Familienmitglieder bereits verstorben waren und auch ihr Neffe König Wilhelm II. im Jahr 1189 ohne Nachkommen starb. So geschah es, dass das große Königreich von Sizilien, dass die Normannen erschaffen und bereichert hatten, in den Einflussbereich imperialer Politik geriet. Für den Papst waren dadurch freilich die schlimmsten Befürchtungen wahr geworden, da sich der Kirchenstaat nun an allen Seiten von Gebieten des Heiligen Römischen Reichs umgeben sah.

Friedrich I. machte die größte Befürchtung des Papstes wahr

Nachdem sich Konstanze sämtlichen Versuchen, ihre persönliche Autorität zu unterminieren, widersetzt hatte, sowohl von Seiten ihrer normannischen Verwandten als auch ihres deutschen Ehemanns, setzte sie durch, dass ihr dreijähriger Sohn Friedrich nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1197 zum König von Sizilien gekrönt wurde. Sie verfolgte die Vorstellung einer rein auf Sizilien beschränkten Herrschaftssicherung für ihren Sohn und unternahm sogar Versuche, die Verbindungen zum Kaiserreich der Staufer aufzulösen, um dadurch die Erneuerung des ehemaligen Bündnisses mit dem Papsttum zu ermöglichen. So erhob sie ebenfalls keinen Anspruch auf den Titel ihres Sohnes als König der Deutschen oder als Kaiser der Römer, der ihm von Seiten des Vaters zustand. Als ihre Gesundheit im Jahr 1198 nachließ, stellte sie ihren Sohn unter die Vormundschaft des frisch gewählten Papstes Innozenz III., einer der mächtigsten Persönlichkeiten, die je den Petersthron bestiegen hatten. Dieser erzog den jungen Friedrich nach dem Vorbild eines Renaissance-Prinzen bevor dieses Konzept existierte oder die italienische Renaissance überhaupt begonnen hatte. Konstanzes Sohn ging in die Geschichte als Friedrich II., als stupor mundi oder „Weltwunder“ und als mächtigster europäischer Herrscher des 13. Jahrhunderts ein.

Matilda, Kaiserin der Römer und Königin von England

König Heinrich I. von England, der vierte Sohn Wilhelm des Eroberers, gelang für seine Tochter Matilda eine ausnehmend günstige Partie, indem er sie mit dem mächtigen Kaiser Heinrich V. verheiratete. Die beiden wurden im Jahr 1114 getraut, und obgleich es sich dabei um eine arrangierte Ehe zwischen einer jungen Frau und einem deutlich älteren Mann handelte, was damals durchaus keine Seltenheit war, scheint ihr Umgang von gegenseitigem Wohlwollen geprägt gewesen zu sein, bei dem Heinrich als eine Art Mentor für seine junge Gattin fungiert zu haben scheint. Tatsächlich nahm Matilda aktiv an der kaiserlichen Herrschaft teil und regierte sogar zwei Jahre lang im Auftrag ihres Mannes, während er sich in Deutschland aufhielt. Es gelang ihnen jedoch nicht, Nachwuchs zu zeugen, bevor Heinrich im Jahr 1125 an Krebs verstarb.

Matilda war die erste Frau, die Anspruch auf den englischen Thron erhob

Die 23 Jahre alte Matilda kehrte daraufhin in die Normandie zurück und ein Jahr später arrangierte ihr Vater eine neue Ehe für sie: diesmal mit dem Herzog Gottfried von Anjou, wodurch Rivalitäten zwischen der Normandie und dem Haus Anjou beigelegt wurden. Gottfried war ein großer Krieger, doch Matilda empfand die Ehe als einen Rückschritt, da sie zumindest auf eine königliche Verbindung gehofft hatte und ihr zweiter Ehemann noch dazu 11 Jahre jünger war als sie.

Die Geburt ihres Sohnes, des späteren Heinrich II., entfachte schließlich erneut ihre royalen Ambitionen. In der Tat sollte Matilda die erste Königin von England werden, die versuchte, als Regentin im Namen ihres Sohnes eigenständig zu regieren. Doch obwohl sie zweifellos eine fähige und erfahrene Herrscherin war, hatte Matilda die Neigung, hochmütig aufzutreten und ihren kaiserlichen Titel zur Schau zu stellen, was ihr, zusammen mit der Tatsache, dass sie eine Frau war, den Unmut der mächtigen englischen Barone einbrachte. Ihr geradezu absolutistischer Regierungsstil, den sie auf dem Kontinent erlernt hatte, vertrug sich nicht mit den Gepflogenheiten in England und als sie es ablehnte, die geltenden Gesetze von König Eduard dem Bekenner (die Leges Edwardi Confessori) zu erneuern und stattdessen schwere Steuern erhob, wurde ihr die Gefolgschaft versagt. Ein langer und verheerender Bürgerkrieg war die Folge. Erst als ihr Sohn volljährig war konnte er sich sein Recht auf die Krone Englands selbst erstreiten.

Der Untergang des Weißen Schiffes und die Anarchie

Heinrich I. war von 1100 bis 1135 König von England, er trug den Beinamen „Beauclerc“, da er den Ruf eines vortrefflichen Gelehrten hatte, der überdies drei Sprachen beherrschte. Er regierte im Einvernehmen mit der Macht der Barone („Charta der Freiheiten“), erneuerte die angelsächsische Rechtsgrundlage der Gesetze Eduard des Bekenners, weitete die Rolle der königlichen Rechtsprechung aus und gründete neue administrative Institutionen wie das „Royal Exchequer“, den königlichen Fiskus. Mit diesen Neuerungen schuf er nicht nur die Grundlagen für die spätere berühmte Magna Charta, sondern für eine Regierungsform, die von einem System getragen wurde und nicht von einer einzigen Person an der Spitze.

Am 25. November 1120 kam allerdings sein einziger legitimer Sohn und Erbe beim Untergang des Weißen Schiffes um, bei dem er und seine Gefährten im Ärmelkanal ertranken. Nach dem Versuch, den unmündigen Sohn seiner Tochter Matilda, Heinrich von Anjou, als Erben mit ihr als Regentin einzusetzen,usurpierte Stephan von Blois, ein Enkel Wilhelm des Eroberers, nach dem Tod Heinrichs I. im Jahr 1135 den englischen Thron. Ein Bürgerkrieg, bekannt als „die Anarchie“, brach in der Folge zwischen den Anhängern Matildas und denen Stephans aus, der bis 1154 dauerte und nach dessen Beendigung Matildas Sohn Heinrich von Stephan offiziell adoptiert und damit zu seinem Nachfolger erklärt wurde.

König Stephan wird oft als „Bad King Stephen“ bezeichnet und das nicht, weil er ein grausamer Tyrann war, sondern vielmehr, weil er einfach ein schlechter König war: Dieselbe Ritterlichkeit und Großzügigkeit, mit der er sich zuvor die Gewogenheit der Barone und des Volks und damit den Königsthron gesichert hatte, schwächten ihn nun, da er seine Ressourcen erschöpft hatte. Die eigensinnigen Barone Englands fürchteten ihn nicht und gingen immer häufiger privaten Fehden und Kriegen nach. Männer, die geschworen hatten, den Frieden und die Sicherheit eines der reichsten Königreiche der britischen Inseln zu gewährleisten, zogen nun umher und verwüsteten das Land. Söldner aus den Niederlanden und aus Deutschland begannen, das Land zu überschwemmen, die, so lange sie bezahlt wurden, höchst effektive Krieger waren, doch wenn nicht, zu großen Räuberbanden wurden, die durchs Land zogen und plünderten. England, insbesondere der Süden, wurde in dieser Zeit geradezu verwüstet.

Eleonore von Aquitanien, die mächtigste Frau des mittelalterlichen Europas

Eleonore stammte aus der Dynastie der Herzöge von Aquitanien, die Nachfolger der Karolinger und eines der ältesten fränkischen Herrscherhäuser waren. Sie war von vornehmster Herkunft, dazu charmant, geistreich und wurde als perpulchra beschrieben – mehr als schön. Als sie im Jahr 1137 im Alter von 15 Jahren die Herrschaft über das Herzogtums übernahm, war sie eine der begehrtesten Frauen ihrer Zeit, und dank aquitanischem Recht, das auf römischem Brauch beruhte und Frauen erlaubte, Eigentum zu erben, war sie zugleich eine der reichsten und mächtigsten Frauen in ganz Europa.

Drei Monate nach Machtantritt heiratete sie den jungen König Ludwig VII. von Frankreich und begleitete ihn sogar auf den Zweiten Kreuzzug. Doch die beiden passten ganz und gar nicht zueinander. Ludwig war mürrisch und fromm in der Art der Nordfranken, während Eleonore vom berühmten Hof ihres Großvaters Wilhelm IX. kam, dem sogenannten ersten Troubadour, und eine weltlichere Einstellung besaß, die von moralistischen zeitgenössischen Chronisten als hedonistisch beschrieben wurde und die zu Gerüchten um ihre Tugendhaftigkeit führten. So soll sie sich beschwert haben, mit Ludwig eher einen Mönch als einen Mann geheiratet zu haben, und in der Folge eine Reihe von Affären gehabt haben, unter anderem angeblich mit Matildas Ehemann Gottfried von Anjou. Die Ehe der beiden wurde im Jahr 1152 annulliert, da Ludwig sie beschuldigte, nur zwei Töchter und keinen Sohn als Erbe hervorgebracht zu haben.

Eleonore von Aquitanien war eine der reichsten und mächtigsten Frauen in ganz Europa

Sie verlobte sich umgehend mit Heinrich von Anjou, dem größten Rivalen Ludwigs VII., und ehelichte ihn acht Wochen später. Für Heinrich, der bereits Graf von Anjou und Herzog der Normandie war, bedeutete der Zugewinn Aquitaniens, dass er als Anwärter auf den englischen Thron nun über ein größeres Gebiet in Frankreich regierte als der französische König Ludwig VII. selbst. Die Demütigung Ludwigs VII. war vollkommen, als Eleonore ihrem neuen Gatten nicht nur einen, sondern fünf Söhne gebar, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten und zwei Könige von England wurden.

Somit war Eleonore von Aquitanien schließlich Ehefrau von zwei Königen, Mutter zweier Könige und eine der mächtigsten Akteurinnen des 12. Jahrhunderts in Europa.

Heinrich II. und die Plantagenet-Dynastie

König Heinrich II. von England war wohl der reichste, mächtigste und unbarmherzigste Herrscher des 12. Jahrhunderts. Sein Herrschaftsgebiet, genannt das „angevinische Reich“ (eine Anspielung auf seine familiären Wurzeln in der Grafschaft Anjou) erstreckte sich von der schottischen Grenze bis zu den Pyrenäen und war damit das größte Territorium, über das ein englischer König bis dahin regiert hatte. Seine Krönung markierte das Ende des streng normannischen Herrscherhauses, das von seinem Urgroßvater mütterlicherseits, Wilhelm dem Eroberer, gegründet worden war, und den Beginn des Hauses Plantagenet, das England bis 1485 regieren würde.

Heinrichs II. Krönung markierte den Beginn der Plantagenet-Dynastie

Seine Rechtsreformen bildeten die Grundlage für das allgemeine englische Recht (Common law), er führte das Geschworenengericht ein und seine Bemühungen um eine effizientere Regierung waren wegbereitend für die Gründung des englischen Staates und der englischen Armee. Er war der erste, der von seinen Adeligen ein Schildgeld verlangte – eine Art Wehrsteuer, die anstelle der Gebühren (bemessen in Einheiten der „Knight‘s Fee“) erhoben wurde, mittels derer sich die Adeligen zuvor vom Heerdienst gegenüber ihren Lehnsherren, und die Barone wiederum gegenüber ihrem König, freikaufen konnten.

Dies hatte den doppelten Effekt, dass einerseits die privaten Armeen der Barone aufgrund der Schildgeldabgaben verringert wurden, und andererseits eine Kriegskasse für die Einsatzzwecke des Königs geschaffen wurde. Die Vormachtstellung der Barone, die unter seinem Vorgänger Stephan von Blois verheerende Auswüchse angenommen hatte, wurde dadurch entscheidend beschnitten und die Kontrolle wiederhergestellt. Für Heinrich, der sich gegen die Aufstände seiner ehrgeizigen Söhne in den sogenannten Großen Revolten zur Wehr setzen musste, war diese Bündelung der Ressourcen in seiner Hand von enormer Wichtigkeit. Die Revolten waren von dreien seiner Söhne und seiner Gattin Eleonore von Aquitanien, die sich von ihrem Ehemann entfremdet hatte, sowie den Königen in Frankreich, die sich einen persönlichen Vorteil von internen Auseinandersetzungen im angevinischen Reich versprachen, angezettelt worden. Später, im Jahr 1189, griff ihn sein Sohn Richard, der zuvor in der zweiten Großen Revolte noch an der Seite Heinrichs gekämpft hatte, überraschend an und überwältigte seinen alternden Vater aufgrund des Gerüchtes, dass er zugunsten seines jüngeren Bruders Johann übergangen werden sollte. Heinrich II. starb am 6. Juli desselben Jahres. Als sich Richard dem Leichnam seines Vaters näherte, rann Blut aus der Nase des alten Königs, was in diesen Tagen als Zeichen des Missfallens an dem aufständischen Sohn gedeutet wurde.

Die Geschichte von Thomas Beckett

Die Beziehung zwischen Heinrich II. und Thomas Beckett ist eine der berühmtesten Geschichten des gesamten Mittelalters und ein eindrückliches Beispiel für die Dynamiken der mittelalterlichen Gesellschaft. Nach dem Tod des Erzbischofs von Canterbury berief der König im Jahr 1162 seinen Kanzler auf das frei gewordene Amt. Er versprach sich davon politische Vorteile, etwa dass sich sein enger Freund und Vertrauter als ein mächtiger Verbündeter erweisen würde und die Kirche somit leicht gefügig zu machen wäre. Er hätte sich nicht mehr irren können. Beckett durchlebte offenbar eine Wandlung und nahm fortan die Position eines frommen Verteidigers der Kirche ein. Von da an war er dem König nachgerade ein Dorn im Auge. Ob dieser Gesinnungswandel wahrhaftig war oder lediglich ein Symptom seiner Eitelkeit und seines Ehrgeizes, bleibt umstritten.

Der Konflikt kochte während der Weihnachtszeit des Jahres 1170 über, nachdem Thomas Beckett einige Anhänger Heinrichs exkommuniziert hatte. Während eines Festgelages in der Normandie soll der König angeblich über dieses Ereignis in Wut geraten sein und ausgerufen haben:

Welch erbärmliche Drohnen und Verräter habe ich in meinem Haushalt ernährt und gefördert, die es zulassen, dass ihr Herr mit solch schändlicher Verachtung von einem niedriggeborenen Angestellten behandelt wird!

Sofort brachen daraufhin vier Ritter von niedrigem Rang auf, überquerten den Ärmelkanal und begaben sich zur Kathedrale von Canterbury, wo sie versuchten, Beckett zu ergreifen. Als dieser sich jedoch weigerte, wurde er vor dem Altar ermordet.Beckett wurde dadurch zum Märtyrer und Heinrich in ganz Europa zum Skandalon.

Heinrich gelange es schließlich dennoch, die Situation zu seinen Gunsten wenden: Im Jahr 1174 unterzog er sich einer effektvollen Buße, indem er sich Stockschläge von einem Kleriker aus Canterbury verabreichen ließ. Letztlich konnte er sich sogar den aufkommenden Kult um Thomas Beckett zunutze machen, indem er am Grabmal Becketts eine Mahnwache abhielt und anschließend als Schirmherr der Pilgerstätte auftrat, die an selbigem Ort entstand.

Barbarossa bricht zum Dritten Kreuzzug auf

Im Jahr 1187 erlitt das Kreuzfahrerheer des Königreichs Jerusalem eine verheerende Niederlage gegen die Armee der Ayyubiden unter der Führung des großen Sultans Saladin. Nur 3.000 der ursprünglich 20.000 Soldaten des Kreuzfahrerheers konnten entkommen und ließen die Garnisonen ihres Königreichs dramatisch unterbesetzt und in ihrer Verteidigung sich selbst überlassen zurück. Das Ergebnis war der systematische Verlust eines Großteils ihres Territoriums: Saladin nahm in kurzer Zeit 52 Festungen und befestigte Städte ein und der Gipfel seines Eroberungszugs war schließlich die Kapitulation Jerusalems im Oktober 1187.

Nachdem Saladin große Teile des Königreichs Jerusalem eingenommen hatte, initiierten die lateinischen Herrscher den Dritten Kreuzzug

Die Bestürzung im Westen war groß. Umgehend wurde eine Kreuzzugssteuer, der sogenannte Saladinszehnt, eingeführt, um einen dritten Kreuzzug zu finanzieren, zu dem die gekrönten Häupter von England, Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich im Jahr 1189 aufbrachen. Das mit Abstand größte Heer führte Kaiser Friedrich I. Barbarossa an. Gerüchten zufolge belief sich seine Größe auf 100.000 Mann, darunter 20.000 Ritter, eine Armee also, die so groß war, dass keine Flotte in der Lage gewesen wäre, sie zu transportieren. Auch wenn das Heer in Wahrheit nur ein Fünftel dieser Größe gehabt hätte, wäre es immer noch eine beachtliche Armee gewesen, und es ist überliefert, dass Saladin und andere muslimische Anführer angeblich große Ehrfurcht empfanden und ihre Streitkräfte dementsprechend bündelten, um dem alten, fast 70-jährigen Kriegsveteran entgegenzutreten.

Barbarossa starb jedoch noch auf der Hinreise, nachdem er beim Überqueren des Flusses Saleph in der heutigen Südosttürkei von seinem Pferd gestürzt war. Dabei muss er entweder durch das Gewicht seiner Rüstung ertrunken sein oder einen Herzstillstand durch den Schock des kalten Wassers erlitten haben – die Umstände seines Todes sind bis heute unbekannt. Ein Großteil seines Heeres löste sich daraufhin auf und kehrte nach Deutschland zurück, sein Sohn Friedrich VI. von Schwaben jedoch zog mit einer Streitkraft von ungefähr 5.000 Männern weiter. Auch er konnte Jerusalem, wo er seinen Vater Friedrich begraben wollte, nicht erreichen, da er ein halbes Jahr später vor Akkon an einer Malariaerkrankung starb. Als sich währenddessen der Zustand des Leichnams Barbarossas, in einem Essigfass konserviert, verschlechterte, musste er rasch begraben werden. So wurden seine Überreste gemäß der Tradition einer Heiligenbestattung auf die Kirchen von Antiochia, Tyros und Tarsos verteilt.

Die englischen und französischen Flotten treffen schließlich ein

Die persönliche Rivalität zwischen den Königen von England und Frankreich beeinträchtigte ihre Zusammenarbeit während des Kreuzzuges nachhaltig und so trafen ihre Heere erst im Jahr 1191 vor Ort ein. König Philipp II. von Frankreich, bekannt als Philip Augustus, war ein erfahrener Politiker und Verwalter und auch der erste, der sich selbst „König von Frankreich“ statt „König der Franken“ nannte, eine Unterscheidung, die er erstmals ca. 1190 traf. König Richard I. von England, besser bekannt als Richard Löwenherz, war ein militärisches Genie, aber abgesehen davon ein unfähiger Herrscher, der kein Englisch sprach und England auch nicht besonders mochte – er verbachte nur ungefähr 6 Monate seiner Regierungszeit auf der Insel und zog ansonsten das sonnige Aquitanien vor.

Der Konflikt zwischen den beiden war nicht nur eine Frage verschiedener politischer Interessen: Die Männer hatten vor allem persönliche Schwierigkeiten aufgrund ihrer unterschiedlichen Charaktereund Richards gelöster Verlobung mit Philips Schwester. Nach der Übernahme der Krone von seinem alternden Vater begab sich Richard auf den Dritten Kreuzzug, den sein Vater Heinrich II. noch mit Philipp II. von Frankreich beschlossen hatte.

Durch ein Unwetter trieb ein Teil seines Heeres nach Zypern ab, darunter die Schiffe mit seiner Schwester Johanna und seiner neuen Verlobten Berengaria von Navarra sowie dem Großteil der Kriegskasse, die in die Hände des dort herrschenden byzantinischen Rebellenfürsten fielen. Richard eroberte daraufhin die Insel, die in den nächsten vier Jahrhunderten zu einem bedeutenden Außenposten der Kreuzfahrer wurde.

Im Juni 1191 traf Richard schließlich mit seinen Truppen in der Levante ein, um Philipp bei der Belagerung von Akkon zu helfen. Die endgültige Kapitulation der Stadt brachte die Freilassung von 1000 christlichen Gefangenen, die Rückgabe des Wahren Kreuzes sowie Lösegeldzahlungen für die gefangengenommene muslimische Garnison. Nach dieser erfolgreichen Eroberung kehrte Philipp, dessen Gemütsverfassung und Gesundheit in dem anschließenden Machtgerangel gelitten hatten, nach Frankreich zurück, ebenso trat Herzog Leopold V. von Österreich den Rückzug an, da er sich von Richard gedemütigt fühlte. Das verbliebene Kreuzfahrerheer blieb unter dem alleinigen Oberkommando von Richard Löwenherz zurück.

Saladin, Richard Löwenherz und die Schlacht von Arsuf

Saladin war bekannt für seine Fähigkeiten als General und galt als eine der heldenhaftesten Persönlichkeiten im Mittelalter, was ihm großen Respekt und Ansehen unter den Europäern eingetragen hatte. Obwohl sich Saladin dem alten Kriegsveteran Friedrich I. durch dessen vorzeitigen Tod nicht im Kampf stellen musste, wie er befürchtet hatte, trat ein anderer Gegner auf den Plan, der sich in gleichem Maße als ebenbürtiger Ritter erweisen sollte: Richard I. Löwenherz.

Richard war einer der größten Krieger seiner Tage, wie schon sein Vater und Großvater vor ihm, und er liebte es, die Rolle des galanten Ritters zu spielen. Er konnte tatsächlich sehr gnädig und ritterlich gegenüber gefangengenommenen muslimischen Fürsten sein, andererseits war er auch berüchtigt für seine Unbarmherzigkeit und Grausamkeit gegenüber gewöhnlichen Gefangenen. Dies zeigt besonders ein Vorfall aus dem Jahr 1191, der sich nach dem Fall der Stadt Akkon ereignete, als er die Enthauptung aller 2700 Mitglieder einer muslimischen Garnison vor den Augen Saladins und seines Heeres anordnete, nachdem Saladin die erste Rate der Lösegeldzahlung nicht getätigt hatte.

Anschließend zog Richard mit seinem Heer nach Jaffa, das für einen Angriff auf Jerusalem von entscheidender Bedeutung war. Dabei wurde er bei Arsuf von Saladin angegriffen. Obgleich sie in der Minderzahl waren, hielt das Kreuzfahrerheer dem Ansturm stand und führte einen vernichtenden Gegenangriff auf die muslimische Armee aus, die mit zahlreichen Verlusten in die Flucht geschlagen wurden. Richard Löwenherz hatte mit diesem Sieg die Legende von Saladins Unbesiegbarkeit zerstört und sich seinen Respekt gesichert. Dennoch gelang es ihm nie, Jerusalem zurückzuerobern, was weitgehend an internen Konflikten um die Krone des Königreichs Jerusalem, oder zumindest dessen, was davon von übrig war, lag, die zwischen dem dort stationierten König Guido und seinem Rivalen Konrad herrschten.

Ein Kompromiss zur Beendigung des Dritten Kreuzzugs

Saladin und Richard erkannten beide, dass ein ausgehandelter dreijähriger Frieden für beide Seiten von Vorteil war. Richard hatte Probleme, sein Heer auf eine Belagerung Jerusalems oder auf einen Angriff auf Saladins Machtbasis in Ägypten zu konzentrieren, und Saladins Position war nach einer erneuten Niederlage bei Jaffa, das er zuerst erobert hatte und dann mit schweren Verlusten wieder aufgeben musste, geschwächt. Dabei war die muslimische Armee erneut von dem zahlenmäßig unterlegenen aber deutlich besser ausgerüsteten und bewaffneten Kreuzritterheer geschlagen worden. Auf eine völlige Vertreibung der christlichen Krieger aus dem Heiligen Land war danach nicht mehr zu hoffen.

Richard und Saladin einigten sich auf einen Kompromiss, um den Dritten Kreuzzug zu beenden

Deshalb einigte man sich am 2. September 1192 im Vertrag von Ramla auf einen Kompromiss: Jerusalem blieb in muslimischer Hand, für die christlichen Pilger und Kaufleute sollte aber freier Zugang ermöglicht werden; Richards Eroberungen der Küstenregionen zwischen Jaffa und Antiochia wurden im Gegenzug von Saladin als Teile des Kreuzfahrerkönigreichs Jerusalem bestätigt. Im folgenden Monat brach Richard zur Rückreise in die Heimat auf. Ein nachfolgender deutscher Kreuzzug im Jahr 1197 stellte die Landverbindungen zwischen vielen dieser strategisch und ökonomisch wichtigen Städte wieder her. Obwohl beide Seiten mit dem Ergebnis des Friedensvertrags nicht zufrieden waren, profitierten sie vom verstärkten Handel.

Saladin starb im darauffolgenden Jahr an Gelbfieber, während Richard auf seiner Rückreise Schiffbruch erlitt und anschließend bei der Durchreise durch das Herrschaftsgebiet Herzog Leopolds V. von Österreich von diesem festgenommen wurde. Dabei handelte es sich um eine Racheaktion für die erlittene Ehrverletzung, die Richard Leopold in Akkon zugefügt hatte, als er dessen Banner nach der Eroberung der Stadt in den Burggraben hatte werfen lassen, um ihn demonstrativ aus der Reihe der Sieger auszuschließen. Erst gegen Zahlung eines Lösegelds wurde er an Kaiser Heinrich VI. ausgeliefert. Die Lösegeldzahlung für Richards Befreiung stürzte England in den Bankrott und er verbrachte die verbleibenden Jahre seines Lebens damit, Gebiete zurückzugewinnen, die sich König Philipp II. Augustus in seiner Abwesenheit angeeignet hatte. Am 25. März 1199 wurde er durch einen Armbrustbolzen tödlich verwundet und neben seinem Vater in der Abtei Fontevraud in Frankreich beigelegt.

Kulturelles Aufleben in Byzanz unter den Komnenos

Im Verlauf des 12. Jahrhunderts unternahmen die Komnenos eine konzertierte, aber letztendlich erfolglose Anstrengung, die militärische, territoriale, ökonomische und politische Stellung des byzantinischen Imperiums wiederherzustellen und auf den Stand zu bringen, den es vor der verheerenden Schlacht von Manzikert und dem anschließenden Verlust von großen Teilen Anatoliens an die seldschukischen Türken gehabt hatte.

Es gelang ihnen aber immerhin die Wiederherstellung des Wohlstands und Kunstfertigkeit des byzantinischen Reichs sowie ein verstärkter Kontakt mit dem Westen, der zu einem freien Austausch von Technologien führte. Manuskripte wie die Marien-Homilien, in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts von Jakobos Kokkinobaphos in Konstantinopel hergestellt, und das Perikopenbuch von St. Peter aus Salzburg, in dem sich byzantinische Stilprinzipien mit westlichen Ikonografien verbanden, zeugen von der fortwährenden künstlerischen und kulturellen Bedeutung der Byzantiner. Sie erfreuten sich eines wiederauflebenden Interesses an klassischen Autoren, das sich bis in den Westen fortpflanzte.

Gleichwohl waren die Byzantiner auch in stetige Kämpfe mit den Normannen verstrickt. Am Ende verloren sie ihre italienischen Besitzungen an die Normannen, die sie während der gesamten Zeit wiederholt in ihrem griechischen und thrakischen Kernland angriffen. Trotz einer Niederlage in der Schlacht von Myriokephalon im Jahr 1176, die die Bestrebung der Byzantiner, das gesamte Anatolien von den Türken zurückzuerobern, ein für alle Mal begrub, blieb die Armee stark und seine Stellung in Westanatolien gesichert, so dass sie immerhin die Kontrolle über die nördlichen und südlichen Küsten, einschließlich Kilikien und Antiochia zurückgewannen.

Der endgültige Niedergang der Byzantiner

Das gemeinsame Projekt der Kreuzzüge schien zunächst wie ein Balsam für die Beziehungen zwischen den orthodoxen und katholischen Christen, jedoch förderte es am Ende auch Komplikationen und Misstrauen: Die Byzantiner fürchteten die großen und ungezügelten Heere, die aus dem Westen auftauchten, und diese wiederum hegten Argwohn gegenüber den heimtückischen Byzantinern, die mit den Türken kooperierten, wenn es ihnen zupasskam.

Die Spannung entlud sich, als im Jahr 1180 nach dem Tod Kaiser Manuels I. dessen Witwe, die lateinische Prinzessin Maria von Antiochia, als Regentin für ihren minderjährigen Sohn eintrat. Den Bürgern von Konstantinopel waren die italienischen Kaufleute in der Stadt schon lange ein Dorn im Auge. Den insgesamt 60.000 Kaufleuten sagte man begünstigte Bedingungen von Seiten der Behörden nach, wodurch sie in der Lage waren, den Handel in der Stadt zu dominieren. Die Regentschaft der lateinischen Prinzessin war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, und die Bürgerschaft von Konstantinopel wandte sich in einem Aufstand gegen die Italiener in der Stadt, der als das Massaker an den Lateinern bekannt wurde. Obwohl viele die Unruhen kommen sahen und rechtzeitig aufs Meer hinaus geflüchtet waren, wurde der Großteil der lateinischen Bevölkerung ohne Rücksicht auf Frauen oder Kinder erbarmungslos abgeschlachtet.

Zwar erholten sich die Handelsbeziehungen bald wieder, das Vertrauen aber nicht, und der Vorfall bestätigte nur das westliche Vorurteil von den hinterhältigen und heuchlerischen Byzantinern. So wurden im Westen auch keinerlei Einwände laut, als im Jahre 1185 eine normannische Expedition unter Wilhelm II. die zweitgrößte Stadt des Reiches, Thessaloniki, plünderte. Die Bürger von Konstantinopel ereilte ihre Strafe zwei Jahrzehnte später, als die sogenannten Lateiner zurückkehrten – ihre Rache war der Beginn des unaufhaltsamen Niedergangs des byzantinischen Imperiums.