Evangeliarum Strahoviense

Evangeliarum Strahoviense – Tempus Libri – DF III 3 – Library of Strahov Monastery (Prag, Tschechische Republik)

Trier (Deutschland) und Tours (Frankreich) — 860–980

Entstanden in Trier unter der Ägide des berĂŒhmten Gregormeisters: Ein Hauptwerk der ottonischen Buchmalerei mit stilbildenden Evangelistenbildern auf purpurnem Grund

  1. Diese Handschrift ist vor allem fĂŒr ihre bedeutungsvollen, stilbildenden Evangelistenportraits auf purpurnen Grund bekannt

  2. Begonnen in Tours um das Jahr 860, wurde das Werk vom sogenannten Meister des Registrum Gregorii, kurz Gregormeister, in Trier gegen 980 abgeschlossen

  3. Über das Kloster Steinfeld kam die Handschrift 1143 ins Strahov in Prag, wo sie noch heute aufbewahrt wird

Evangeliarum Strahoviense

  1. Beschreibung
  2. Faksimile-Editionen (1)
Beschreibung
Evangeliarum Strahoviense

Ein Hauptwerk der Ottonischen Buchmalerei und einflussreiches Vorbild fĂŒr nachkommende Generationen mittelalterlicher BuchkunstschĂ€tze: das Evangeliar von Strahov. Das Prachtevangeliar entstand im 9. Jahrhundert im karolingischen Sktriptorium von Tours, bevor es im 10. Jahrhundert in der Abtei Sankt Martin in Trier vom berĂŒhmten Meister des Registrum Gregorii mit zusĂ€tzlichem Buchschmuck ĂŒberarbeitet und aufgewertet wurde. Bemerkenswert ist vor allem die Ikonographie der Evangelistenbilder, die in zahlreichen nachfolgenden Manuskripten zitiert und imitiert wurde. Der Glanz des ĂŒppig verwendeten Blattgolds kommt vor satten HintergrĂŒnden in Purpur, GrĂŒn und Zinnoberrot besonders zur Geltung.

Evangeliar von Strahov

Das Evangeliar von Strahov zĂ€hlt zu den bedeutendsten Werken der Ottonischen Buchmalerei. Die kostbare Handschrift wird heute unter der Signatur Ms. DF III 3 in der Bibliothek des Klosters Strahov in Prag aufbewahrt. Seine kunsthistorische Bedeutung liegt in erster Linie in dem aufwendigen und reichen Buchschmuck begrĂŒndet, fĂŒr den der zwar namentlich unbekannte, doch nach seinem Hauptwerk benannte Meister des Registrum Gregorii oder kurz Gregormeister verantwortlich zeichnet. Der in Unzialschrift geschriebene Evangelientext und Teile des Dekors stammen noch aus dem karolingischen Skriptorium von Tours, in dem die Handschrift um 860 entstand. Im 10. Jahrhundert ist ihr Aufenthalt in der Abtei St. Martin in Trier belegt, wo sie in den Jahren 980 bis 985 mit weiteren Illuminationen in der Hand des Gregormeisters verziert wurde. Der Codex misst 26,7 mal 16,9 cm und umfasst 222 Folien Pergament. Er ist in einen aus dem 15. bzw. 17. Jahrhundert stammenden Einband aus rotem Samt gebunden, der mit Ă€lteren Artefakten, darunter gegossene versilberte und vergoldete Figuren, sowie mit Bergkristallen und Halbedelsteinen eindrucksvoll verziert ist. Inwendig befindet sich auf der Rectoseite von Folio 2 ein Besitzvermerk der Abtei St. Martin, der lautet si quis eum abstulerit, anathematisatus sit, was ĂŒbersetzt heißt, „wenn jemand es (dieses Buch) stiehlt, dann soll ihn das Anathem (der Kirchenbann) treffen“. Der Gregormeister, der hauptsĂ€chlich in Trier wirkte und AuftrĂ€ge fĂŒr den dortigen Erzbischof Egbert von Trier (ca. 950–993) ausfĂŒhrte, unterzog das karolingische Evangeliar einer aufwendigen Überarbeitung und Aufwertung, insbesondere durch das HinzufĂŒgen von vier ganzseitigen Evangelistenbildern auf Purpurgrund. Sogar den Evangelientext schabte er teilweise großflĂ€chig ab, ĂŒbermalte ihn mit Purpur und ersetzte ihn in prĂ€chtiger Goldtinte. Er ergĂ€nzte vergoldete Initialen, Kapitelzahlen und heilige Namen, legte mit Goldschrift beschriebene Purpurseiten an und gestaltete Titelseiten mit purpurnen und grĂŒnen Farbstreifen, die ebenfalls in Gold beschriftet wurden. Auf diese Weise verhalf der Gregormeister der ursprĂŒnglich Ă€lteren Handschrift zu neuem, reprĂ€sentativem Glanz und schuf eine Stilrichtung, die der nachkommenden Generation von Buchmalern als Inspirationsquelle diente.

StilprÀgende Evangelistenbilder

Die wichtigste ErgĂ€nzung des Gregormeisters bilden die vier ganzseitigen Bildnisse der Evangelisten, die auf neu hinzugefĂŒgten BlĂ€ttern aus Purpurpergament den Beginn der einzelnen Evangelientexte ankĂŒndigen (Folios 8v, 69v, 107v, 176v). Alle vier Bilder sind gleich angelegt: In zwei durch einen horizontal eingefĂŒgten Schriftstreifen voneinander getrennten BildflĂ€chen treten die Evangelisten mit ihren Symbolen in Erscheinung, wobei sich im unteren und grĂ¶ĂŸeren Bildfeld jeweils der Evangelist und im oberen, kleineren das Symbol befindet. Das Bildnis des Johannes zeigt diesen dem Betrachter frontal zugewandt, auf einem gepolstertem Kastenthron sitzend und flankiert von einem imposanten Schreibpult, auf dem zwei zusammengerollte Schriftrollen sowie ein Tintenfass mit darin steckender Feder platziert sind. Anders als die anderen Evangelisten hĂ€lt Johannes sein Evangelium in Form eines gebundenen Buches in der linken Hand und prĂ€sentiert es dem Betrachter, wĂ€hrend er in der rechten noch die Schreibfeder hĂ€lt – er verkörpert den Zeigetypus. In dem aufgeschlagenen Buch ist der Anfang des Texts in der fĂŒr den Gregormeister typischen Kurzschrift zu lesen. Die Beischrift in dem Querstreifen, der die Bildfelder von Evangelist und Symbol voneinander trennt, lautet: EST AQUILA ALTA PETENS NARRANS DIUINA IOHANNES, d.h. „Johannes ist ein Adler, der in die Höhe strebt und himmlische Dinge berichtet“. FĂŒr das Strahov-Evangeliar, das zu den frĂŒhen Werken des Gregormeisters zĂ€hlt, entwickelte dieser einen neuen Typus der Evangelistenautorenbilder, die sie von ihren Symbolen und bestimmten Beischriften begleitet zeigt. Die PlastizitĂ€t der Figuren offenbart dabei den Einfluss spĂ€tantiker Vorbilder, wĂ€hrend die Tierabbildungen laut Hartmut Hoffmann eine „natĂŒrliche Lebendigkeit“ ausstrahlen.

Eine neue Generation von Evangeliaren

Die Evangelistenbilder des Evangeliars der Sainte-Chapelle, das ebenfalls zu den Höhepunkten der Ottonischen Buchmalerei und zu den Werken des Gregormeisters zĂ€hlt, stehen dem Strahov Evangeliar am nĂ€chsten, insbesondere in Bezug auf die Evangelistensymbole. Sein Einfluss ist auch in anderen Werken sichtbar, etwa in der Darstellung des Evangelisten Markus auf einem Einzelblatt, das im Predigerseminar St. Peter im Schwarzwald gefunden wurde. Die Ikonographie des Bildnisses folgt hier eindeutig der Vorlage des Strahov-Evangeliars, dennoch ist strittig, ob es sich um die Arbeit des Gregormeisters selbst oder eines seiner SchĂŒler handelt. Das Evangeliar aus St. Maximin, das heute unter der Signatur Ms. theol. Lat. Fol. 283 in der Berliner Staatsbibliothek aufbewahrt wird, zitiert in vereinfachter AusfĂŒhrung den zweiteiligen Bildaufbau: Der Evangelist ist auch hier in einem hochrechteckigen Bildfeld scharf von dem darĂŒber befindlichen, querrechteckigen Bildfeld seines Symbols abgegrenzt. Auch bei den Körperhaltungen und Positionen, die die Evangelisten in ihren PortrĂ€ts einnehmen, imitiert der KĂŒnstler, vermutlich ein SchĂŒler des Gregormeisters, das Modell des Strahov-Evangeliars. Ein weiteres Beispiel dieser Bezugnahme liefert eine italienische Handschrift aus dem 12. Jahrhundert, die sich heute in der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz (acq e Doni 91) befindet. Die darin enthaltenen vier Evangelistenbilder und ein Himmelfahrtsbild weisen deutlich den Einfluss deutscher Vorbilder auf und greifen sowohl auf die Komposition als auch auf verschiedene Posen der Strahover Evangelistenbilder zurĂŒck. Angesichts der FĂŒlle von BezĂŒgen darf der Gregormeister ohne Zweifel als einer der einflussreichsten Buchmaler des FrĂŒhmittelalters gelten.

Ein tschechischer Samteinband

Das Evangeliar ist heute durch einen reich verzierten roten Samteinband geschĂŒtzt, der um etwa 1500 von einem tschechischen Buchbinder angefertigt wurde. Der Frontdeckel ist mit verschiedenen Figuren besetzt, in deren Mitte der gekreuzigte Christus zu sehen ist und knapp darunter vier vergoldete Figuren, die die Jungfrau Maria, den Evangelisten Johannes und zwei Weihbischöfe darstellen. ** Die Figurengruppe ist umgeben von eingefassten Edelsteinen, Bergkristallen und vier Silbermedaillons mit eingeprĂ€gten Bildnissen der Evangelisten. Am oberen und unteren Rand des Deckels befinden sich zwei vergoldete MetallbĂ€nder mit jeweils zwei emaillierten Scheiben aus romanischer Zeit zu beiden Seiten. Zwischen den Scheiben sind auf den BĂ€ndern ebenfalls vergoldete Figuren angebracht, oben eine Darstellung des segnenden Christus und unten der Madonna mit Kind. Sowohl Vorder- als auch RĂŒckendeckel dieses Prachteinbands sind an den Ecken mit verzierten SilberbeschlĂ€gen versehen und werden von zwei dekorativen Goldschnallen zusammengehalten.

Kodikologie

Alternativ-Titel
Strahov Evangeliary
Umfang / Format
444 Seiten / 27,0 × 16,8 cm
Herkunft
Frankreich
Datum
860–980
Stil
Sprache
Schrift
Römische Unzialis
Buchschmuck
4 ganzseitige EvangelistenportrÀts; 4 pupurgefÀrbte Incipit-Seiten
Inhalt
Evangeliar
KĂŒnstler / Schule

VerfĂŒgbare Faksimile-Editionen:
Evangeliarum Strahoviense – Tempus Libri – DF III 3 – Library of Strahov Monastery (Prag, Tschechische Republik)
Tempus Libri – Prag, 2012
Limitierung: 199 Exemplare
Faksimile-Editionen

#1 Evangelistarium Strahoviense

Tempus Libri – Prag, 2012

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Tempus Libri – Prag, 2012
Limitierung: 199 Exemplare
Kommentar: 1 Band von Evermod Gejza Ć idlovskĂœ, TomĂĄĆĄ Ćœilinčár
Faksimile: 1 Band Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprĂŒnglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
Ausgabe bei uns verfĂŒgbar
Preiskategorie: €€€€
(7.000€ - 10.000€)
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