Evangeliarum Strahoviense
Ein Hauptwerk der Ottonischen Buchmalerei und einflussreiches Vorbild für nachkommende Generationen mittelalterlicher Buchkunstschätze: das Evangeliar von Strahov. Das Prachtevangeliar entstand im 9. Jahrhundert im karolingischen Sktriptorium von Tours, bevor es im 10. Jahrhundert in der Abtei Sankt Martin in Trier vom berühmten Meister des Registrum Gregorii mit zusätzlichem Buchschmuck überarbeitet und aufgewertet wurde. Bemerkenswert ist vor allem die Ikonographie der Evangelistenbilder, die in zahlreichen nachfolgenden Manuskripten zitiert und imitiert wurde. Der Glanz des üppig verwendeten Blattgolds kommt vor satten Hintergründen in Purpur, Grün und Zinnoberrot besonders zur Geltung.
Evangeliar von Strahov
Das Evangeliar von Strahov zählt zu den bedeutendsten Werken der Ottonischen Buchmalerei. Die kostbare Handschrift wird heute unter der Signatur Ms. DF III 3 in der Bibliothek des Klosters Strahov in Prag aufbewahrt. Seine kunsthistorische Bedeutung liegt in erster Linie in dem aufwendigen und reichen Buchschmuck begründet, für den der zwar namentlich unbekannte, doch nach seinem Hauptwerk benannte Meister des Registrum Gregorii oder kurz Gregormeister verantwortlich zeichnet. Der in Unzialschrift geschriebene Evangelientext und Teile des Dekors stammen noch aus dem karolingischen Skriptorium von Tours, in dem die Handschrift um 860 entstand. Im 10. Jahrhundert ist ihr Aufenthalt in der Abtei St. Martin in Trier belegt, wo sie in den Jahren 980 bis 985 mit weiteren Illuminationen in der Hand des Gregormeisters verziert wurde. Der Codex misst 26,7 mal 16,9 cm und umfasst 222 Folien Pergament. Er ist in einen aus dem 15. bzw. 17. Jahrhundert stammenden Einband aus rotem Samt gebunden, der mit älteren Artefakten, darunter gegossene versilberte und vergoldete Figuren, sowie mit Bergkristallen und Halbedelsteinen eindrucksvoll verziert ist. Inwendig befindet sich auf der Rectoseite von Folio 2 ein Besitzvermerk der Abtei St. Martin, der lautet si quis eum abstulerit, anathematisatus sit, was übersetzt heißt, „wenn jemand es (dieses Buch) stiehlt, dann soll ihn das Anathem (der Kirchenbann) treffen“. Der Gregormeister, der hauptsächlich in Trier wirkte und Aufträge für den dortigen Erzbischof Egbert von Trier (ca. 950–993) ausführte, unterzog das karolingische Evangeliar einer aufwendigen Überarbeitung und Aufwertung, insbesondere durch das Hinzufügen von vier ganzseitigen Evangelistenbildern auf Purpurgrund. Sogar den Evangelientext schabte er teilweise großflächig ab, übermalte ihn mit Purpur und ersetzte ihn in prächtiger Goldtinte. Er ergänzte vergoldete Initialen, Kapitelzahlen und heilige Namen, legte mit Goldschrift beschriebene Purpurseiten an und gestaltete Titelseiten mit purpurnen und grünen Farbstreifen, die ebenfalls in Gold beschriftet wurden. Auf diese Weise verhalf der Gregormeister der ursprünglich älteren Handschrift zu neuem, repräsentativem Glanz und schuf eine Stilrichtung, die der nachkommenden Generation von Buchmalern als Inspirationsquelle diente.
Stilprägende Evangelistenbilder
Die wichtigste Ergänzung des Gregormeisters bilden die vier ganzseitigen Bildnisse der Evangelisten, die auf neu hinzugefügten Blättern aus Purpurpergament den Beginn der einzelnen Evangelientexte ankündigen (Folios 8v, 69v, 107v, 176v). Alle vier Bilder sind gleich angelegt: In zwei durch einen horizontal eingefügten Schriftstreifen voneinander getrennten Bildflächen treten die Evangelisten mit ihren Symbolen in Erscheinung, wobei sich im unteren und größeren Bildfeld jeweils der Evangelist und im oberen, kleineren das Symbol befindet. Das Bildnis des Johannes zeigt diesen dem Betrachter frontal zugewandt, auf einem gepolstertem Kastenthron sitzend und flankiert von einem imposanten Schreibpult, auf dem zwei zusammengerollte Schriftrollen sowie ein Tintenfass mit darin steckender Feder platziert sind. Anders als die anderen Evangelisten hält Johannes sein Evangelium in Form eines gebundenen Buches in der linken Hand und präsentiert es dem Betrachter, während er in der rechten noch die Schreibfeder hält – er verkörpert den Zeigetypus. In dem aufgeschlagenen Buch ist der Anfang des Texts in der für den Gregormeister typischen Kurzschrift zu lesen. Die Beischrift in dem Querstreifen, der die Bildfelder von Evangelist und Symbol voneinander trennt, lautet: EST AQUILA ALTA PETENS NARRANS DIUINA IOHANNES, d.h. „Johannes ist ein Adler, der in die Höhe strebt und himmlische Dinge berichtet“. Für das Strahov-Evangeliar, das zu den frühen Werken des Gregormeisters zählt, entwickelte dieser einen neuen Typus der Evangelistenautorenbilder, die sie von ihren Symbolen und bestimmten Beischriften begleitet zeigt. Die Plastizität der Figuren offenbart dabei den Einfluss spätantiker Vorbilder, während die Tierabbildungen laut Hartmut Hoffmann eine „natürliche Lebendigkeit“ ausstrahlen.
Eine neue Generation von Evangeliaren
Die Evangelistenbilder des Evangeliars der Sainte-Chapelle, das ebenfalls zu den Höhepunkten der Ottonischen Buchmalerei und zu den Werken des Gregormeisters zählt, stehen dem Strahov Evangeliar am nächsten, insbesondere in Bezug auf die Evangelistensymbole. Sein Einfluss ist auch in anderen Werken sichtbar, etwa in der Darstellung des Evangelisten Markus auf einem Einzelblatt, das im Predigerseminar St. Peter im Schwarzwald gefunden wurde. Die Ikonographie des Bildnisses folgt hier eindeutig der Vorlage des Strahov-Evangeliars, dennoch ist strittig, ob es sich um die Arbeit des Gregormeisters selbst oder eines seiner Schüler handelt. Das Evangeliar aus St. Maximin, das heute unter der Signatur Ms. theol. Lat. Fol. 283 in der Berliner Staatsbibliothek aufbewahrt wird, zitiert in vereinfachter Ausführung den zweiteiligen Bildaufbau: Der Evangelist ist auch hier in einem hochrechteckigen Bildfeld scharf von dem darüber befindlichen, querrechteckigen Bildfeld seines Symbols abgegrenzt. Auch bei den Körperhaltungen und Positionen, die die Evangelisten in ihren Porträts einnehmen, imitiert der Künstler, vermutlich ein Schüler des Gregormeisters, das Modell des Strahov-Evangeliars. Ein weiteres Beispiel dieser Bezugnahme liefert eine italienische Handschrift aus dem 12. Jahrhundert, die sich heute in der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz (acq e Doni 91) befindet. Die darin enthaltenen vier Evangelistenbilder und ein Himmelfahrtsbild weisen deutlich den Einfluss deutscher Vorbilder auf und greifen sowohl auf die Komposition als auch auf verschiedene Posen der Strahover Evangelistenbilder zurück. Angesichts der Fülle von Bezügen darf der Gregormeister ohne Zweifel als einer der einflussreichsten Buchmaler des Frühmittelalters gelten.
Ein tschechischer Samteinband
Das Evangeliar ist heute durch einen reich verzierten roten Samteinband geschützt, der um etwa 1500 von einem tschechischen Buchbinder angefertigt wurde. Der Frontdeckel ist mit verschiedenen Figuren besetzt, in deren Mitte der gekreuzigte Christus zu sehen ist und knapp darunter vier vergoldete Figuren, die die Jungfrau Maria, den Evangelisten Johannes und zwei Weihbischöfe darstellen. ** Die Figurengruppe ist umgeben von eingefassten Edelsteinen, Bergkristallen und vier Silbermedaillons mit eingeprägten Bildnissen der Evangelisten. Am oberen und unteren Rand des Deckels befinden sich zwei vergoldete Metallbänder mit jeweils zwei emaillierten Scheiben aus romanischer Zeit zu beiden Seiten. Zwischen den Scheiben sind auf den Bändern ebenfalls vergoldete Figuren angebracht, oben eine Darstellung des segnenden Christus und unten der Madonna mit Kind. Sowohl Vorder- als auch Rückendeckel dieses Prachteinbands sind an den Ecken mit verzierten Silberbeschlägen versehen und werden von zwei dekorativen Goldschnallen zusammengehalten.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Strahov Evangeliary
- Umfang / Format
- 444 Seiten / 27,0 × 16,8 cm
- Herkunft
- Frankreich
- Datum
- 860–980
- Epoche
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Römische Unzialis
- Buchschmuck
- 4 ganzseitige Evangelistenporträts; 4 pupurgefärbte Incipit-Seiten
- Inhalt
- Evangeliar
- Künstler / Schule
- Gregormeister (Buchmaler)
Schule von Trier
#1 Evangelistarium Strahoviense
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