Goslarer Evangeliar
Eine der erlesensten Schöpfungen, die bis heute aus der Stauferzeit erhalten sind ist wohl das Goslarer Evangeliar. Es handelt sich um eine große Prachthandschrift, die für den Gebrauch in der Kirche und für andere öffentliche Veranstaltungen für die Gläubigen bestimmt war. Jedem Evangelium ist sowohl eine ganzseitige Miniatur als auch eine Incipit-Seite vorangestellt, die dem Rezipienten einen Gesamteindruck des folgenden Textes vermitteln sollen. Dem heiligen Lukas, dem die Geschichte unter allen Evangelisten die höchste Glaubwürdigkeit zuschreibt, wurde jeweils eine zusätzliche Incipit- und Miniaturseite gewidmet. Die Handschrift enthält 30 ganzseitige Miniaturen, die in der Regel in zwei oder mehr Register unterteilt sind, sowie Incipitseiten und zahlreiche goldene Initialen. Der Text ist dabei ein Kunstwerk für sich. Er ist das Werk eines begabten Schreibers, der die Buchstaben mit großer Kunstfertigkeit ausführte. Insgesamt handelt es sich um ein prächtiges Werk der frühen deutschen Gotik, das zu den schönsten illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts zählt.
Goldene Buchkunst zwischen Romanik und Gotik
Schon in frühchristlicher Zeit hatte sich mit dem Zusammenfassen der Evangelientexte die Tradition des Evangeliars ausgebildet, die in den Handschriften des 9. bis 13. Jh.s ihren Höhepunkt erreichen sollte. Unter allen Texten des Alten und Neuen Testamentes wurde den vier Evangelien der höchste Stellenwert beigemessen: das Hören und Lesen dieser „Frohen Botschaft“ bildete einen zentralen Bestandteil der christlichen Liturgie. Dieser Bedeutung entsprechend erlesen war auch die Ausstattung der Evangeliare.
Mit dem Goslarer Evangeliar ist uns eine der größten Kostbarkeiten dieses Buchtypus erhalten geblieben. Seine Entstehung fällt in eine Phase des künstlerischen Umbruchs: Der romanische Stil hatte sich erschöpft, neue geistige und formale Strömungen kamen aus Frankreich (wo der entscheidende Schritt zur Gotik bereits vollzogen war) und vor allem aus dem Mittelmeerraum (wo sich, bedingt durch den regen Handel mit Konstantinopel, der das 13. Jh. beherrschende byzantinisierende Stil bereits etabliert hatte). Inmitten dieses Stilpluralismus, der den Künstlern ein ungemein reichhaltiges Repertoire an formalen Lösungen an die Hand gab, wurde in Goslar eine Handschrift ausgestattet, in der sich, wie in kaum einer zweiten, einzelne Elemente der unterschiedlichen Stilrichtungen zu einer neuen, großartigen Einheit zusammenfinden. Auf diesem künstlerischen Niveau erreicht der Eklektizismus bereits die Bedeutung eines eigenen Stils.
Der Aufbau des Codex entspricht der gängigen Tradition des Evangeliars. An den Prolog mit Briefen und Vorreden des hl. Hieronymus (u. a. mit einer Charakterisierung der Evangelien und einer Erklärung der Evangelistensymbole) und einem Brief des hl. Eusebius (der die Entstehung der Evangelienkonkordanz zum Inhalt hat) schließen die Evangelientexte an, die jeweils von einem Inhaltsverzeichnis (Capitula) und einem Prolog (Argumentum) eingeleitet werden. Dieser Abfolge von Texten und deren innerem Aufbau folgt auch das Ausstattungsschema des Goslarer Evangeliars.
Gleichsam als Einstimmung auf den folgenden Text ist jedem Evangelium eine prachtvolle Doppelseite vorangestellt. Einer Initialseite, die mit kleinen eingefügten Episoden belebt wird, liegt jeweils eine Miniaturseite gegenüber, deren Rahmen zwei oder mehr szenische Bilder umspannt. Lukas, dem von allen Evangelisten die größte historische Glaubwürdigkeit zugestanden wird, erhielt zusätzlich noch eine weitere Initial- und Bildseite.
Wie schon der Prologteil, so steht auch der Bildschmuck inhaltlich in enger Beziehung zu den vier Evangelien. Durch eine phantasievolle und formenreiche Initialornamentik erhalten auch die „reinen“ Textseiten der Evangelien einen besonderen Reiz. Je nach ihrer Funktion werden die Initialen verschiedenartig ausgeschmückt. So finden sich Initialen mit farbigen Ranken und kleinen eingearbeiteten Drôlerien auf Goldgrund, fein konturierte, farbig grundierte Initialen aus Goldranken und Goldbuchstaben mit feinen Linienschnörkeln. Allen gemeinsam ist eine präzise und feine Zeichnung.
Von ganz großer Seltenheit ist auch die Tatsache, dass das Goslarer Evangeliar seinen ursprünglichen Einband bis heute erhalten hat. Dieser wird im Kommentarband ausführlich dokumentiert.
Als einer der letzten Zeugen dieses Buchtypus (in der 2. Hälfte des 13. Jh.s wurde das Evangeliar vom Perikopenbuch, dem Lektionar und dem Missale abgelöst) gilt das Goslarer Evangeliar als Musterbeispiel der staufischen Kunst an der Wende zu einem neuen Stil.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Goslar Gospels
Goslar Evangeliary - Umfang / Format
- 258 Seiten / 33,5 × 25,0 cm
- Herkunft
- Deutschland
- Datum
- Um 1240
- Epoche
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Gotische Textualis Quadrata
- Buchschmuck
- 30 meisterhafte ganzseitige Miniaturen und Incipitseiten, zahlreiche goldene Initialen
- Inhalt
- Die vier Evangelien mit Briefen von Hl. Hieronymus, Hl. Eusebius und anderen
- Auftraggeber
- Provost Johannes
Goslarer Evangeliar
Incipit-Seite zum Johannesevangelium
Mit seinem reichen Blattgoldhintergrund und den starken Primärfarben ist dies ein schönes Exemplar deutscher Buchmalerei am Übergang von der Romanik zur Gotik. Die aufwändig gestaltete Säule mit Szenen aus dem Leben Jesu sowie verschiedenen Drolerien dient als I-Initiale für die ersten Worte des Johannesevangeliums: IN PRINCIPIO ERAT VERBVM UND VERBVM ERAT APVD DEVM ET DEVS ERAT VERBVM - „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ (Joh 1, 1)

Goslarer Evangeliar
Das Markusevangelium
Jedem Evangelium in diesem Manuskript ist eine ganzseitige Miniatur vorangestellt, die das Portrait des jeweiligen Evangelisten mit zwei weiteren Szenen kombiniert. Oben links sehen wir den Evangelisten Markus an seinem Schreibtisch, rechts von ihm die Taufe Jesu und darunter die Berufung der Apostel. Alle drei sind mit glänzendem Blattgold hinterlegt, das die vom Künstler verwendeten kräftigen Rot-, Blau- und Grüntöne zusätzlich hervorhebt.
Die Kompositionen der Miniaturen sind meisterhaft, die Figuren in Roben gekleidet mit einem stark stilisierten, zackigen Faltenwurf, der an den aufkommenden Zackenstil denken lässt. Es gibt auch einige merkwürdige Details: In beiden biblischen Szenen tauchen unter der Wasseroberfläche seltsame Mischwesen auf. Sie stellen die Dämonen dar, die die ehemaligen Heiden hinter sich gelassen haben, da sie nun durch die Taufe von ihnen befreit sind.

#1 Das Goslarer Evangeliar
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