Madrid-Stundenuch des William Lord von Hastings

Madrid-Stundenuch des William Lord von Hastings – Millennium Liber – inv. 15503 – Museo dell'Arcivescovado di Rossano Calabro (Rossano Calabro, Italien)

Gent (Belgien) — Um 1475–1479

Lebensechte Figuren und realistische Perspektive: Ein prächtiges Stundenbuch aus Brügge künstlerischen Einflüssen aus England, Burgund und Österreich

  1. William Hastings, 1. Baron Hastings (ca. 1431–1483), diente dem House of York während der Rosenkriege

  2. Sein persönliches Stundenbuch ist ein Meisterwerk flämischer Buchmalerei mit klaren englischen Einflüssen

  3. Die 34 ganzseitigen Miniaturen haben kunstvoll gemusterte Hintergründe, lebensechte Figuren und zeigen eine realistische Perspektive

Madrid-Stundenuch des William Lord von Hastings

  1. Beschreibung
  2. Faksimile-Editionen (1)
Beschreibung
Madrid-Stundenuch des William Lord von Hastings

William Hastings, 1. Baron von Hastings (ca. 1431–1483), hatte am Hofe König Edwards IV. (1442–83) das Amt des Lord Chamberlain inne. Das imposante Stundenbuch, das in den späten 1470er Jahren in seinem Auftrag in der Region Gent-Brügge angefertigt wurde, ist ein exquisites Exemplar spätmittelalterlicher flämischer Buchmalerei. Im Buchschmuck und in den 34 Vollbild-Miniaturen spiegeln sich verschiedene zeitgenössische Einflüsse aus ganz Europa wider. Besondere Berühmtheit erlangte die eindringliche Darstellung einer Todeswache, für die der Miniaturist sein ganzes kreatives Können aufbot.

Madrid-Stundenbuch des William Lord von Hastings

William Hastings, 1. Baron von Hastings (ca. 1431–1483), war ein englischer Adliger im Dienst des Hauses von York zu Zeiten der Rosenkriege. Während der Regentschaft König Edwards IV. (1442–83), mit dem ihn seit Jugendzeiten eine enge Freundschaft verband, stieg er zu einem der mächtigsten Hofbeamten auf und bekleidete fortan das Amt des Lord Chamberlain („Lordkämmerer“). Nach dem überraschenden Tod Edwards IV. im April 1483 wurde er von dessen jüngerem Bruder und Nachfolger Richard III. (1452–85) wegen des Verdachts auf Verrat im Juni desselben Jahres im Tower von London hingerichtet. Fast erscheint es wie eine Ironie, dass sein prächtiges flämisches Stundenbuch mit einer ganzen Reihe von Hinrichtungs- und Todesszenen bestückt ist: die Enthauptung Johannes des Täufers (24v), den mit Pfeilen durchbohrten hl. Sebastian (34v), die Folterung durch Ausdärmen des hl. Erasmus (36v), die Enthauptung der hl. Barbara (52v) sowie die Auferweckung des Lazarus. Kunstgeschichtlich besonders interessant ist die Darstellung einer Todeswache (223v), bei deren Anfertigung der Miniaturist seine ganze Kunstfertigkeit walten ließ. In das Kalendarium, das wie üblich den Anfang des Stundenbuches bildet, sind die Feiertage der Namenspatrone von Edward IV. (März) und Richard III. (Juni) eingetragen, was insofern verwundert, als Richard offenkundig nichts unternahm, Hastings Verratsanklage abzuwenden. Heute befindet sich das eindrucksvolle Manuskript unter der Signatur inv. 15503 im Madrider Museo de la Fundación Lázaro Galdiano. Es ist in einen rosafarbenen Samteinband aus dem 17. Jahrhundert gebunden, der an den Ecken mit metallenen Buchbeschlägen, in die Engel und groteske Masken eingearbeitet sind, verziert ist.

Eine eindringliche Todesszene

Die Miniatur einer Todeswache (223v) ist dem Textabschnitt Commendationes animarum vorangestellt und zeigt einen düsteren Innenraum, in dem eine blasse, abgemagerte Figur in einem Bett liegt und von Trauernden umgeben ist, ohne jedes erkennbare Zeichen der Erlösung. Die Komposition der Szene mit einer trauernden Figur im rechten Vordergrund, die dem Betrachter den Rücken zukehrt und auf das Bett zu blicken scheint, ist typisch für den Stil des franko-flämischen Buchmalers Wiener Meister der Maria von Burgund, der häufig derlei Szenen malte. Auch andere der 34 ganzseitigen Miniaturen wie auch der Bordürenschmuck scheinen von ihm inspiriert, wenn nicht sogar von ihm selbst gefertigt zu sein. Insgesamt sind nahezu alle Miniaturen an Vorlagen angelehnt, was das Madridstundenbuch des Lord William von Hastings zu einem frühen Beispiel von systematischer Vorlagenverwendung in der Herstellung luxuriöser Andachtsbücher macht. Das Stundenbuch folgt dem liturgischen Brauch von Sarum (Salisbury), stammt aus den späten 1470er Jahren und wurde in der Region Gent-Brügge in Ostflandern hergestellt. Auf der Versoseite des ersten Blattes ist das Wappen von Lord Hastings abgebildet, mit dem Motto „Hony soit qui mal y pense“, eine anglonormannische Redewendung , „Beschämt sei, wer schlecht darüber denkt“. Von der Figurengestaltung bis hin zur perspektivischen Darstellung weist sich das Manuskript als ein Meisterwerk der flämischen Buchmalerei aus.

Kodikologie

Alternativ-Titel
Madrid Hours of William Lord of Hastings
Libro de Horas de Hastings
Umfang / Format
592 Seiten / 12,4 × 9,0 cm
Herkunft
Belgien
Datum
Um 1475–1479
Buchschmuck
33 ganzseitige Miniaturen

Verfügbare Faksimile-Editionen:
Madrid-Stundenuch des William Lord von Hastings – Millennium Liber – inv. 15503 – Museo dell'Arcivescovado di Rossano Calabro (Rossano Calabro, Italien)
Millennium Liber – Madrid, 2019
Limitierung: 495 Exemplare
Faksimile-Editionen

#1 Libro de Horas de Hastings

Millennium Liber – Madrid, 2019

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Millennium Liber – Madrid, 2019
Limitierung: 495 Exemplare
Einband: Rose-Samt-Bindung aus dem 17. Jahrhundert; 4 metallene Eckstücke mit Putten und Grotesken
Kommentar: 1 Band von Elisa Ruiz García
Sprache: Spanisch
Faksimile: 1 Band Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
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