Darmstädter Heilsspiegel

Darmstädter Heilsspiegel – Imago – Hs 2505 – Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (Darmstadt, Deutschland)

Nordwestdeutschland (Köln oder Westfalen) — Um 1360

Der Weg zum Seelenheil, eindringlich illustriert durch ebenso ausdrucksstarke wie kunstvolle Malerei: Die Verse des berühmten Heilsspiegels, geschmückt mit 68 ganzseitigen Miniaturen zum Alten und Neuen Testament als bildgewaltige Veranschaulichung des göttlichen Heilsplans

  1. Der Dortmunder Priester Thidemann schenkte die Handschrift Ende des 14. Jahrhunderts dem Klarissenkloster Clarenberg in Hörde

  2. Text und Miniaturen werden hier ungewöhnlicherweise auf voneinander getrennten, alternierenden Doppelseiten präsentiert

  3. 136 Miniaturen visualisieren die typologisch gedeuteten neu- und alttestamentlichen Geschichten auf 68 Bildseiten

Darmstädter Heilsspiegel

Ausgabe bei uns verfügbar!
Statt 5.990  
Sonderangebot (wie neu) bis 31.08.2025 1.999  
  1. Beschreibung
  2. Detailbild
  3. Einzelseite
  4. Faksimile-Editionen (3)
Beschreibung
Darmstädter Heilsspiegel

Der Darmstädter Heilsspiegel ist eines der schönsten und faszinierendsten Exemplare des Speculum humanae salvationis - einem echten Bestseller der spätmittelalterlichen Erbauungsliteratur. Die gereimten lateinischen Verse und 136 intensiv kolorierten Miniaturen führen der Leserschaft den schicksalhaften Heilsplan des christlichen Gottes vor Augen, der sich der Auffassung nach aus den biblischen Geschichten und weiteren historischen Ereignissen ergibt, die einander gegenübergestellt werden. Im Darmstädter Heilsspiegel erscheint die Kombination aus Bild und Text in einem ungewöhnlichen Layout, das die spirituelle Kontemplation besonders auf die 68 eindringlichen Bildseiten lenkt. Diese dienten ab Ende des 14. Jahrhunderts der Erbauung der franziskanischen Nonnen im Kloster St. Clara auf dem Clarenberg in Hörde, denen die Handschrift von einem Dortmunder Priester aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie geschenkt wurde.

Darmstädter Heilsspiegel

Der Speculum humanae salvationis (dt. Spiegel des menschlichen Heils) war eines der verbreitetsten Erbauungsbücher des ausgehenden Mittelalters. Er diente besonders Laien dazu, die christliche Heilsgeschichte nachzuvollziehen und Zusammenhänge zwischen dem Alten und Neuen Testament zu verstehen.
Als typologisches Werk zeigte der Heilsspiegel sogenannte Präfigurationen auf: Jeder neutestamentlichen Geschichte (‚Antitypus‘) wurden drei ‚Typen‘ des Alten Testaments und teilweise der griechischen und römischen Mythologie gegenübergestellt, deren vielfältige Analogien bezeugen sollten, dass die Ankunft des Messias Jesus Christus vorherbestimmt war und sich bereits in den eigentlich jüdischen Schriften der Bibel andeutete. Daraus wurde auf den allumfassenden Heilsplan Gottes geschlossen.

Innovatives Layout für tiefe Kontemplation

In den zahllosen Handschriften und Drucken des beliebten Werks wird der Text üblicherweise von Bildern begleitet, die die Typen und Antitypen einander visuell gegenüberstellen. Dabei werden Text und Bild meist gemeinsam auf den Seiten präsentiert. Im Darmstädter Heilsspiegel fanden die Buchkünstler*innen eine andere Lösung: Auf jede reine Bild-Doppelseite folgen zwei Textseiten, so dass sich Text und Bild jeweils getrennt hingegeben werden kann. Dabei sollten die Miniaturen offenbar zuerst betrachtet werden und die spirituelle Meditation anregen, bevor sich mittels des Textes inhaltlich weiter vertieft werden konnte.

136 typologische Miniaturen

Die insgesamt 68 gegenüberliegenden Bildseiten sind dabei viergeteilt und zeigen links oben in der Regel den neutestamentlichen 'Typus' und darunter sowie auf der rechten Seite drei Miniaturen alttestamentlicher, ‚antitypischer‘ Szenen in roten Rahmungen. Dabei sind die Szenen oft auch kompositorisch aufeinander bezogen. Die zahlreichen Figuren erscheinen meist vor einem pergamentfarbenen Hintergrund, der die Handlungen umso farbenfroher erscheinen lässt. Sorgfältige Inschriften in schmalen Schriftrollen lassen keinen Zweifel daran, wer dargestellt ist.

Kalligrafische Verse

Während die Illuminationen wahrscheinlich von zwei unterschiedlichen Händen geschaffen wurden, war für den Text wohl nur eine geübte Hand verantwortlich. Diese brachte die lateinischen Verse einspaltig und in der formalsten und kunstvollsten Schriftart der Zeit auf das Pergament: der Textualis formata. Jede Doppelseite wird zudem von einer großen roten oder blauen Initiale eingeleitet, jeder gereimte Zweizeiler mit einer kleinen Lombarde, ebenfalls alternierend rot und blau.

Für das Seelenheil franziskanischer Nonnen

Wer dieses prachtvolle Heilsspiegel-Exemplar in Auftrag gab, ist bis heute ungeklärt. Allerdings muss es sich bereits kurz nach seiner Entstehung um 1360 im Besitz des Dortmunder Priesters Thidemann, genannt Cleppinck, befunden haben. Dieser vermachte es Ende des 14. Jahrhunderts dem Klarissenkloster Clarenberg in Hörde ganz in der Nähe des historischen Dortmunds zum Seelenheil der Nonnen, wie der Besitz- und Schenkungsvermerk am Ende der Handschrift angibt. Das Kloster wurde 1591 in ein adeliges Damenstift umgewandelt und wohlmöglich in diesem Zuge in einen neuen Schweinsledereinband gekleidet. Irgendwann vor dem Ende des 18. Jahrhunderts fand der Codex seinen Weg in Hände außerhalb des Klosters und landete schließlich im Besitz des Barons von Hüpsch (1730–1805), wo es 1793 und 1803 nachweisbar ist. Wann die Handschrift nach Dortmund kam, ist hingegen ungeklärt. Dort wird sie heute unter der Signatur Hs 2505 bewahrt.

Kodikologie

Alternativ-Titel
Weg zum Seelenheil
Speculum humanae salvationis
Darmstadt Mirror of Human Salvation
Umfang / Format
142 Seiten / 35,0 × 20,0 cm
Herkunft
Deutschland
Datum
Um 1360
Stil
Sprache
Schrift
Textualis formata
Buchschmuck
68 Bildseiten mit insgesamt 136 gerahmten Miniaturen, 3 große Fleuronnée-Initialen und Dutzende rote und blauen Lombarden
Inhalt
Erbauungsbuch zur christlichen Heilsgeschichte, das die Geschichten des Neuen Testaments mit Fokus auf den Leben von Jesus und Maria in typologischer Manier aus den Erzählungen des Alten Testaments sowie der griechischen und römischen, antiken Mythologie
Vorbesitzer
Thidemann, genannt Cleppinck
Klarissenkloster Clarenberg in Hörde
Johann Wilhelm Carl Adolf von Hüpsch, genannt Baron von Hüpsch (1730–1805)

Verfügbare Faksimile-Editionen:
Darmstädter Heilsspiegel – Imago – Hs 2505 – Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (Darmstadt, Deutschland)
Imago – Rimini, 2020
Limitierung: 299 Exemplare

Speculum Humanis Salvationis (Normalausgabe)
Imago – Rimini, 2020
Limitierung: Teil der Gesamtauflage von 299 Exemplaren

Detailbild

Darmstädter Heilsspiegel

Jona und der Wal

Diese Miniatur zeigt, wie der der alttestamentliche Prophet Jona während eines grausigen Sturms auf eigene Anweisung von einem Schiff geworfen wird, da er Schuld an dem lebensgefährlichen Unwetter hat. Sein Opfer für seine Mitmenschen wird von Gott mit seiner Rettung durch den großen, grünen Walfisch belohnt. Dieser verschlingt ihn zwar, doch wird Jona drei Tage und drei Nächte in seinem Bauch überleben, bis das Meerestier ihn an Land ausspuckt. Diese Geschichte wird im Heilsspiegel als Vorausdeutung der Auferstehung Christi gedeutet, die erst geschieht, nachdem er ebenfalls „drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde“ (Mt. 12,40) war.

Darmstädter Heilsspiegel – Imago – Hs 2505 – Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (Darmstadt, Deutschland)
Einzelseite

Darmstädter Heilsspiegel

Der Traum des Mundschenken des Pharaos als Vorausdeutung der Geburt Jesu

Die untere Miniatur dieser Seite zeigt den alttestamentlichen Mundschenken des Pharaos unter einer Weinrebe liegen. Ein sogenannter Stock dient dabei als Fußfessel, die signalisiert: er ist ein Gefangener. Der Weinstock erscheint ihm dort im Traum. Dabei hält er den Becher des Pharaos und presst den Traubensaft mit bloßer Hand hinein – ein Verweis auf die Eucharistie.

Darüber stillt Maria den neugeborenen Jesus, den sie liebevoll im Arm hält. Der Traum des Mundschenken dient im Heilsspiegel als Typus für die Geburt des christlichen Erlösers, da Christus in der christlichen Lehre auch als Weinstock gedeutet wird, der mit seinem Blutopfer die Befreiung der Menschheit erwirkt.

Darmstädter Heilsspiegel – Imago – Hs 2505 – Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (Darmstadt, Deutschland)
Faksimile-Editionen

#1 Der Weg zum Seelenheil (Vorzugsausgabe)

Imago – Rimini, 2020

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Imago – Rimini, 2020
Limitierung: 299 Exemplare
Einband: Schwarzer Samteinband mit filigranen Eckbeschlägen und einer zentral applizierten Metallplakette mit Zierstein
Kommentar: 1 Band (117 S.)
Sprache: Deutsch
Faksimile: 1 Band Vollfaksimile des gesamten Originaldokuments (siehe unten) Möglichst detailgetreue Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
Ausgabe bei uns verfügbar!
Statt 5.990  
Sonderangebot (wie neu) bis 31.08.2025 1.999  

#2 Speculum Humanis Salvationis (Normalausgabe)

Imago – Rimini, 2020

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Imago – Rimini, 2020
Limitierung: Teil der Gesamtauflage von 299 Exemplaren
Einband: Braunes Leder mit dekorativer Blindprägung. Faksimile und Kommentar kommen in einer schützenden Kassette.
Kommentar: 1 Band von Maria Vittoria Spissu
Sprache: Italienisch
Faksimile: 1 Band Vollfaksimile des gesamten Originaldokuments (siehe unten) Möglichst detailgetreue Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.

#3 Heilsspiegel. Speculum humanae salvationis.

Das könnte Sie auch interessieren:
Von wundersamen Begebenheiten – Müller & Schindler – Ms 32, 513 – Irische Nationalbibliothek (Dublin, Irland)
Von wundersamen Begebenheiten
Köln (Deutschland) – Um 1490

Auf der Spur der unbefleckten Empfängnis Mariens und den Wundern der klassischen Antike: Franz von Retz' Beschreibung von wundersamen Begegenheiten mit 37 bezaubernden Miniaturen im Stile eines Stephan Lochners

Erfahren Sie mehr
Speculum Humanae Salvationis – Edilan – ms. B.N.Vit 25-7 – Biblioteca Nacional de España (Madrid, Spanien)
Speculum Humanae Salvationis
Wien (Österreich) – 1432

Geschmückt mit 264 meisterhaften Miniaturen der deutschen Gotik: Ein Leitfaden zu einem gottgefälligen Leben mit Bildern aus dem Alten und Neuen Testament und der Mythologie der Antike

Erfahren Sie mehr
Speculum Humanae Salvationis aus Kremsmünster – Akademische Druck- u. Verlagsanstalt (ADEVA) – Codex Cremifanensis 243 – Stift Kremsmünster (Kremsmünster, Österreich)
Speculum Humanae Salvationis aus Kremsmünster
Österreich – 1325–1330

Das älteste erhaltene Exemplar des berühmten "Heilspiegels": Ein seltener und einprägsam illuminierter Einblick in die Architektur, Kleidung und den Alltag des 14. Jahrhunderts

Erfahren Sie mehr
Heilsspiegel aus Kloster Einsiedeln – Quaternio Verlag Luzern – Cod. 206 – Stiftsbibliothek des Klosters Einsiedeln (Einsiedeln, Schweiz)
Heilsspiegel aus Kloster Einsiedeln
Paris (Frankreich) oder Flandern (Belgien) – Um 1430–1450

Ein mittelalterlicher Bestseller zur spirituellen Erbauung: Goldene Initialen und charmante Federzeichnungen zu Bibelgeschichten und Alltagsszenen in einer außergwöhnlich prachtvollen Abschrift des berühmten "Heilsspiegels"

Erfahren Sie mehr
Heilsspiegel mit Bildern aus dem Leben des Heiligen Franziskus – Istituto dell'Enciclopedia Italiana - Treccani – MS Rossi 17 (55.K.2) – Biblioteca dell'Accademia Nazionale dei Lincei e Corsiniana (Rom, Italien)
Heilsspiegel mit Bildern aus dem Leben des Heiligen Franziskus
Avignon (Frankreich) – Mitte des 14. Jahrhunderts

Franz von Assisi als Nachfolger Christi: Eine einzigartige Kombination von Szenen aus der Vita des Heiligen und des Heilsspiegels als franziskanische Interpretation der christlichen Heilsgeschichte

Erfahren Sie mehr
Speculum Humanae Salvationis: Ein niederländisches Blockbuch – Pieper Verlag – Xylogr. 37 – Bayerische Staatsbibliothek (München, Deutschland)
Speculum Humanae Salvationis: Ein niederländisches Blockbuch
Utrecht (Niederlande) – Um 1468–1479

Äußerst seltener Einblick in die Bücherwelt des 15. Jahrhunderts: Ein „Spiegel des menschlichen Heils“ in einem Blockbuch als erschwinglicherer Alternative zu Gutenbergs beweglichen Lettern mit 58 meisterhaften Holschnitten

Erfahren Sie mehr
Filterauswahl
Verlag