Echternacher Evangelistar
Das Echternacher Evangelistar stammt aus dem berühmten Skriptorium des salischen Hausklosters Echternach, das bereits im Mittelalter für seine hohe Kunstfertigkeit bekannt war. Um 1030 entstand eines der prachtvollsten und kostbarsten Manuskripte, die je in der Abtei, die im heutigen Luxemburg liegt, geschaffen wurden. Der Codex beinhaltet liturgische Textausschnitte aus den vier Evangelien in der Ordnung des Kirchenjahres, die zu Festtagen gelesen wurden. Die relativ kleinformatigen 155 Pergamentfolios dieses prächtigen ottonischen Meisterwerks sind nicht nur in großen Teilen mit Goldtinte beschrieben, sondern präsentieren vor allem zahlreiche eindrucksvolle Illuminationen, die meisten davon ganzseitig. In einigen Bildthemen wie der Verkündigung an die Hirten und dem Bilderzyklus zum Leben des Heiligen Stephanus zeigt sich dabei die große Innovationskraft des Skriptoriums, die von spätantiker, byzantinischer und karolingischer Kunst inspiriert wurde. Die gesamte Handschrift ist luxuriös mit Gold, Purpur und kostbarsten Farben geschmückt, was ihr einen einmaligen Glanz verleiht.
Echternacher Evangelistar
Die salische Abtei Echternach, deren Geschichte bis ins Jahr 690 zurückgeht, verfügte im elften Jahrhundert über eines der berühmtesten Skriptorien der mittelalterlichen Welt und über die wohl prunkvollste Bibliothek des Abendlandes. Ein Prachtstück, das seinen Ursprung in dieser Schreibwerkstatt hat, ist das Echternacher Evangelistar. Das Werk ist eine Sammlung von Textausschnitten der Evangelien, die nach den Festen des Kirchenjahres geordnet sind und für die Lesung im Gottesdienst bestimmt waren. Auf 155 in kostbarster Art und Weise verzierten Folios sind die heiligen Geschichten in Wort und Bild festgehalten.
Der salische Buchschatz
Das Echternacher Evangelistar ist wohl um 1030 entstanden. Zu dieser Zeit befand sich das Skriptorium des salischen Hausklosters in seiner schaffensreichsten Periode. Das Werk ist wohl nicht auf einen speziellen Auftrag hin entstanden, viel eher wollten die Mönche der Abtei mit dem luxuriös ausgestatteten Codex ihr künstlerisches Können unter Beweis stellen und haben sich so einen Platz in der höchsten Riege der abendländischen Buchkunst gesichert. Heute befindet sich die Prachthandschrift in der royalen Bibliothek von Belgien in Brüssel.
Ein Feuerwerk der Buchillumination
Für die zahlreichen Verzierungen der Handschrift haben die Echternacher Mönche weder Kosten noch Mühen gescheut. Das Werk beginnt mit einem wahrhaften Meisterwerk der Miniaturmalerei. Eine ganzseitige Darstellung der Majestas Domini, das beliebte Bildschemas Jesu Christi auf seinem Thron, umgeben von den vier Evangelistensymbolen, wurde in entzückend einfacher Farbwahl auf königlich purpurnen und goldenen Grund gemalt. Auf dieses Kunstwerk folgen die vier Evangelistenporträts und einige Darstellungen weiterer Heiliger, bei denen ebenfalls nicht an luxuriösen Goldelementen gespart wurde. Insgesamt finden sich 41 goldgeschmückte Illustrationen, 13 reich ausgestattete Textzierseiten und über 250 mehrzeilige schwungvolle Initialen im Codex wieder.
Originale aus Echternach
Nicht nur die beeindruckend kostbaren Materialien, die gewählt wurden, sondern auch der aufregend neue Stil der Buchmalereien machen das Evangelistar kunstgeschichtlich besonders interessant. Die Darstellungen mögen auf den ersten Blick recht einfach anmuten, jedoch erkennt man nach längerer Betrachtung die verschiedensten Einflüsse, die die Echternacher Mönche in ihren Miniaturen miteinander kombiniert haben. Spätantike, byzantinische und karolingische Vorbilder dienten ihnen dabei, aber auch von der Malkunst ihrer Gegenwart ließen sie sich inspirieren. Heraus kam eine unverwechselbare Sammlung bewegender Bilder des Lebens Jesu Christi, die Szenen zeigen, welche so noch nie zuvor dargestellt waren.
Neue Bildergeschichten, die zu begeistern wissen
Einige Details des Werkes sind besonders hervorzuheben, da sie sozusagen eine Revolution des klösterlichen Schreibhandwerks markieren. Die Verkündigung an die Hirten ist eine dieser Besonderheiten. Nicht wie bisher üblich wurde diese Szene als Teil der Geburt Christi behandelt, sondern man stellte sie als einzelne, großflächige und in sich geschlossene Miniatur dar. Leuchtende Farben wurden gewählt, die in hervorragendster Weise mit einer goldenen Umrahmung zusammenspielen. Desweiteren findet sich ein erstmaliger Bilderzyklus zur Geschichte des Heiligen Stephanus wieder, welcher die Grabungsarbeiten des einfachen Volkes darstellt, wo sonst lediglich das Suchen und finden der Gebeine des Märtyrers thematisiert wurde. Erstaunlich genaue Bilder zeigen Arbeiter mit Hacke und Spaten, Winzer, die für ihre Dienste mit Goldstücken bezahlt wurden und weitere alltäglich Szenen des mittelalterlichen Lebens, die zuvor nie als darstellenswert betrachtet wurden. Mit dieser ausufernden Erzählvielfalt und diesem Bilderreichtum schafft es das Echternacher Evangelistar, seine Betrachter noch heute zu begeistern.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Echternach Pericopes
Echternach Gospel Lectionary - Umfang / Format
- 310 Seiten / 20,5 × 14,7 cm
- Herkunft
- Luxemburg
- Datum
- Um 1030
- Epoche
- Stil
- Sprache
- Schrift
- Karolingische Minuskel Römische Capitalis Rustica Römische Unzialis
- Buchschmuck
- 41 meist ganzseitige Miniaturen, 13 großzügig ausgestattete Textseiten, mehr als 250 aufwändig verzierte Goldinitialen und Majuskeltext in Goldtinte geschrieben
- Inhalt
- Sammlung von Textausschnitten der Evangelien in der Reihenfolge des Kirchenjahres
- Vorbesitzer
- Bremer Dom
Jesuitenkolleg in Köln
Bibliothèque Nationale de France
Echternacher Evangelistar
Incipit-Seite: Mk 16
Große Initialen mit aufwändigem Flechtwerk und mit großzügiger Verwendung von Blattgold sind ein Charakteristikum der illuminierten Handschriften der Ottonen. Diese schöne M-Initiale wird durch den starken Kontrast zum violetten Hintergrund umso auffälliger und führt die Entdeckung des leeren Grabes Christi durch drei seiner Jüngerinnen ein. „Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben.“ (Mk 16, 1)
Echternacher Evangelistar
Christus in seiner Herrlichkeit
Die sogenannte Maiestas Domini-Darstellung ist eines der beliebtesten Motive in der westchristlichen Kunst. Nach dem Vorbild des römischen Kaisers wird Christus immer thronend dargestellt, eingerahmt von einer Mandorla und flankiert von anderen Heiligenfiguren, in diesem Fall den Symbolen der vier Evangelisten. Dieses Bild ist das Titelbild eines der größten Werke aus Echternach.
Gemalt in den königlichen Farben Lila und Gold, ist es ein wahres Meisterwerk. Obwohl er sitzt, lässt der polierte goldene Hintergrund Christus so erscheinen, als schwebe er leicht über seinem Sitz mit den Symbolen von Alpha und Omega, die über seinen Schultern kaum sichtbar sind. Sein durchdringender Blick schaut schon fast durch den Betrachter, nicht nur auf ihn. Das kraftvolle Bild vermittelt ein zeitloses, raumloses Gefühl, in dem man der ewigen Natur Gottes nahekommt.
#1 Echternacher Evangelistar
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