Geschichte von Alexander von Macedonien

Geschichte von Alexander von Macedonien – Aldo Ausilio Editore - Bottega d’Erasmo – ms. 424 – Biblioteca di San Lazzaro degli Armeni (Venedig, Italien)

Armenien — 14. Jahrhundert

Ein wahrhaft seltenes Juwel der mittelalterlichen Buchmalerei: Der antike Epos über Alexander den Großen in armenischer Sprache und wunderbaren Miniaturen aus einem Skriptorium in den Bergen Kilikiens

  1. Geschichten von Alexander dem Großen (356–323 v. Chr.) waren für die isolierten Bergbewohner Kilikiens ein Mittel, um das Exotische und Fremde zu erkunden

  2. Biblische Motive wurden oft angepasst, um den heidnischen Alexander mit allen Eigenschaften eines großen christlichen Paladins zu erfüllen

  3. Armenische Skriptorien zeigen sowohl interessante Alleinstellungsmerkmale auf Grund eines ausgeprägten Selbstbewusstsein als auch eine Nachahmung des byzantinischen Stils

Geschichte von Alexander von Macedonien

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Beschreibung
Geschichte von Alexander von Macedonien

Die Armenier des Mittelalters waren als tapfere und geschickte Ritter zu Pferde berühmt und ihr Königreich in den Bergen Anatoliens war eine Bastion des Christentums im Osten. Ihre künstlerische Tradition weist sowohl manche Alleinstellungsmerkmale als auch ein ausgeprägtes Bewusstsein für und eine Nachahmung des byzantinischen Stils auf. Alexander der Große war eine beliebte Figur unter diesen tapferen Kriegern, und die Geschichten seiner Eroberungen waren für diese isolierten Bergbewohner ein Mittel zur Erforschung des Exotischen und Fremden.

Geschichte von Alexander von Macedonien

Die vorliegende armenische Handschrift mit der Signatur Venedig, San Lazzaro ms. 424 entstand vermutlich im armenischen Königreich Kilikien ungefähr in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie enthält eine armenische Fassung des antiken Alexanderromans und ist mit herrlichen Miniaturen versehen, die den Text illustrativ begleiten. Die romanhaften Erzählungen vom Leben Alexanders des Großen waren bereits seit der Antike und vor allem im Mittelalter ein weitverbreitetes und beliebtes Sujet, so auch in der armenischen Literatur, in der sich viele Autoren von dem Stoff inspirieren ließen. Die Geschichte von Alexanders Eroberungszügen bot den isoliert und zurückgezogen lebenden Bergbewohnern die Möglichkeit, in die Exotik und Fremdartigkeit ferner Länder einzutauchen. ** Wie aus verschiedenen Anmerkungen im Text hervorgeht, ist die Handschrift das Werk einer einzelnen Hand - der des Diakon Nerses. Es war durchaus nicht unüblich im östlichen Christentum, die Aufgaben eines Schreibers und Miniaturisten nicht aufzuteilen. Die Miniaturen, die etwas vom Text abgesetzt sind, sind von einfachen roten Rahmen umgeben und mit hilfreichen Untertiteln versehen. Bildliche Motive und Prototypen kehren häufig in verschiedenen Szenen wieder, um dadurch die anspruchsvolle Lektüre dieses reich illustrierten und szenenreichen Auftragswerks zu erleichtern. Dies gilt besonders für Kampfszenen oder Darstellungen von Kämpfern hoch zu Ross. Daneben werden oft biblische Motive zitiert, beispielsweise indem die Darstellung der Geburt Alexanders an die Motivik der Geburt Christi angelehnt ist, oder die Darstellung Alexanders unter den Weisen an Bilder von Christus unter den Ärzten erinnert. Dieser Kunstkniff sollte dazu dienen, den heidnischen Alexander mit allen Insignien eines großen christlichen Paladins auszustatten. Nichtsdestotrotz sind die Miniaturen ein Zeugnis der armenischen Skriptorien, die neben eigenen Charakteristiken ein deutliches Bewusstsein für und Nachahmung des byzantinischen Stils aufweisen. Durchweg wird eine Farbpalette angewandt, die leuchtende Orange- und Rottöne mit Blau- und Grüntönen kontrastiert. Die Figuren verfügen über kräftige Gesten und ausdrucksstarke Gesichtszüge. Es handelt sich wahrhaft um ein seltenes Juwel der Buchkunst!

Der Alexanderroman

Die ersten romanhaften und antiken Biographien von Alexander dem Großen entstanden bereits kurz nach seinem Tod. Da sie fälschlicherweise Alexanders Hofhistoriker Kallisthenes zugeschrieben wurden, spricht man bei diesem frühen Archetypus vom Werk des Pseudo-Kallisthenes. Bereits in der griechischen Überlieferung bildeten sich verschiedene Traditionen heraus, die sich sowohl in den Osten wie auch in den Westen verbreiteten. Der Alexanderroman war in der Tat eines der weit verbreitetsten und bekanntesten Bücher des Mittelalters. Im 12. Jahrhundert entstanden in Europa die ersten volkssprachlichen Fassungen in Französisch, Deutsch und Englisch. Neben den lateinischen Versionen gehören die armenischen Fassungen zu den ältesten Übersetzungen und Bearbeitungen des Stoffs, sie sind bereits im 5. Jahrhundert belegt. Wie in anderen Fassungen wird die historische Figur Alexanders des Großen auch hier zum idealen Herrscher stilisiert und als Prototyp eines frommen Königs, Förderers von Kunst und Wissenschaft und vor allem als Befreier von den Persern dargestellt. In der armenischen Texttradition lassen sich zwei Stränge unterscheiden, eine, die sehr nahe an der griechischen Fassung bleibt und eine andere, die stärker an den armenischen Kontext angepasst ist und kulturelle Elemente einarbeitet. Bei der Handschrift San Lazzaro ms. 424 handelt es sich um die älteste Fassung der letzteren Version und zugleich um eine der schönsten, die die Erzählung in herrlichen Miniaturen begleitet.

Kodikologie

Alternativ-Titel
The History of Alexander of Macedonia
Codice armeno miniato del XIV secolo
La Storia di Alessandro il Macedone
Herkunft
Armenien
Datum
14. Jahrhundert

Verfügbare Faksimile-Editionen:
Geschichte von Alexander von Macedonien – Aldo Ausilio Editore - Bottega d’Erasmo – ms. 424 – Biblioteca di San Lazzaro degli Armeni (Venedig, Italien)
Aldo Ausilio Editore - Bottega d’Erasmo – Padua, 2003
Faksimile-Editionen

#1 La Storia di Alessandro il Macedone: Codice Armeno Miniato del XIV Secolo

Details zur Faksimile-Edition:

Kommentar: 1 Band von Giusto Traina, Carlo Franco, Dickran Kouymjian und Cecilia Veronese Arslan
Sprache: Italienisch

Der Kommentarband enthält eine Übersetzung des Originaltextes.
Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Die Seiten sind auf einem größeren weißen Hintergrund dargestellt. Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
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