Gotische Bilderbibel

Gotische Bilderbibel – Müller & Schindler – Cod. Ser. N. 2611 – Österreichische Nationalbibliothek (Wien, Österreich)

Paris (Frankreich) — 1250–1274

Die Geschichten der Bibel in fantastischen Bildern wie gotische Buntglasfenster: Ein Höhepunkt der französischen Gotik aus leuchtenden Medaillon-Miniaturen in kräftigen Farben und mit Blattgold geschmückt

  1. Dieser Codex kommt völlig ohne Text aus und zählt zu den Höhepunkten der französischen Buchkunst des 13. Jahrhunderts

  2. Ereignisse im Alten und Neuen Testament, die stark an gotische Buntglasfenster erinnern

  3. Mit erzählenden Medaillons und kunstvollen, mit Blattgold akzentuierten architektonischen Hintergründen ausgestattet

Gotische Bilderbibel

Ausgabe bei uns verfügbar!
Preis Kategorie: €
(unter 1.000€)
  1. Beschreibung
  2. Detailbild
  3. Einzelseite
  4. Faksimile-Editionen (1)
Beschreibung
Gotische Bilderbibel

Die sogenannte Gotische Bilderbibel wurde zwischen 1250 und 1274 von unbekannten Meistern geschaffen und zählt zu den Höhepunkten der französischen Buchkunst des 13. Jahrhunderts. Im einführenden, 14 Seiten umfassenden Bilderzyklus zu Beginn der Handschrift werden die Geschichten der Bibel den Betrachter*innen ganz ohne Texte erzählt: Stattdessen führt ein fesselndes Bildprogramm aus 84 wunderbaren Medaillon-Miniaturen uns die wichtigsten Ereignisse aus dem Alten und Neuen Testament vor Augen. Die strahlenden Bilder sind ganz der französischen Hochgotik verpflichtet und zeigen die biblischen Figuren in eleganten Gewändern und vor raffinierten gotischen Architekturen. Durch ihre eindrückliche Farbgestaltung mit dominierendem Rot und Blau, aber auch leuchtendem Gold, erinnern die Miniaturen an die prachtvollen Buntglasfenster gotischer Kirchen. Das farbenprächtige Meisterwerk kam 1806 aus dem Schloss Ambras nach Wien und wird heute in der Wiener Nationalbibliothek aufbewahrt.

Die Gotische Bilderbibel

Die heute in der Wiener Nationalbibliothek zwischen unzähligen weiteren Schätzen der Buchmalerei aufbewahrte sogenannte Gotische Bilderbibel zählt zu den Höhepunkten der französischen Buchkunst des 13. Jahrhunderts. Ohne Text kommen die insgesamt 84 alt- und neutestamentlichen Szenen zu ihrer vollen Geltung, was auch der übersichtlichen Gestaltung der 14 Bildseiten zu verdanken ist. Vom herrlichen Stil der gotischen Architektur und besonders der leuchtenden Buntglasfenster inspiriert, führte der Miniaturist in prächtigen Farben das biblische Geschehen vor Augen.

Bilderbibel im Stil der französischen Gotik

Nach den großen Formaten der Romanik kamen mit dem Aufkommen der Gotik zunehmend kleinformatige Gebetbücher und Bibeln in Gebrauch. In dieser Tradition steht auch die Gotische Bilderbibel, die sowohl in ihrem äußeren Erscheinen als auch in der Ausstattung die zeitgenössischen Strömungen in der französischen Kunst und Architektur aufnimmt. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts wohl in Paris entstanden, führt die Bible Moralisée in leuchtend bunten Miniaturen eindrucksvoll das biblische Geschehen vor Augen. Dabei verzichtet sie vollkommen auf den sonst üblichen Text und vertraut ganz auf die faszinierende Macht der Bilder. Von der alttestamentlichen Schöpfungsgeschichte über die ausführlich geschilderte Josefserzählung geht der Bilderreigen über in die Geschehnisse des Neuen Testaments mit der Verkündigung, Geburt und Kindheit Jesu bis hin zum Jüngsten Gericht.

Biblisches Geschehen in prächtigen Farben

Die 14 illuminierten Seiten der Bibel sind gänzlich mit Bildern bedeckt. Jeweils drei Paare von runden Medaillons beinhalten die alt- und neutestamentlichen Szenen, die in ihrer Eindrücklichkeit den sonst üblichen Text, den sie illustrieren, ersetzen. Elegante Figuren, mit ihren langen schmalen Körpern typisch für die Kunst der Hochgotik, sind in geschmeidig in Falten fallende Gewänder gehüllt. Gekonnt wird mit wenigen Mitteln die Geschichte erzählt, was vor allem an den grazilen Gesten und den beigefügten Attributen liegt. So sind auf der ersten Bildseite mit dem Sechstagewerk der Schöpfung dem Schöpfer in den sechs Medaillons Bilder von den geschaffenen Dingen beigeordnet, etwa Wasser, Licht, Tiere und schließlich die Menschen, Adam und Eva. Diese großartige Bilderfindung zeugt von der Kunstfertigkeit des Miniaturisten und lässt zugleich an die Kunst der gotischen Glasfenster denken, die ähnliche Motive und Formen auf ähnliche Weise verwendete.

Kunstvolle Ornamente, wertvolles Gold

Dabei spielt auch die spannende Gestaltung des Hintergrundes eine Rolle. Die sechs Medaillons sind jeweils in einem rechteckigen Rahmen zusammengefasst, der die Bilder zusätzlich mit kleinen architektonisch anmutenden Ornamenten verbindet, die etwa wie Vierpässe anmuten. Durch die Variation von Farben und Mustern bietet jede Bildseite einen neuen Eindruck. Die farbenfrohe Gestaltung besonders in leuchtendem Blau und intensivem Rot ist kunstvoll vervollständigt durch den gekonnten Einsatz von Gold. Dieses verleiht den Miniaturen in ihrer gotischen Eleganz den letzten Schliff. Die Gotische Bilderbibel bietet auch ohne Text einen Eindruck von der Frömmigkeit des Spätmittelalters ebenso wie von der hohen Kunst der französischen Buchmalerei des 13. Jahrhunderts.

Kodikologie

Alternativ-Titel
Gothic Picture Bible
Umfang / Format
408 Seiten / 17,5 × 13,2 cm
Herkunft
Frankreich
Datum
1250–1274
Stil
Sprache
Schrift
Gotische Textualis
Buchschmuck
14 illuminierte Seiten mit verschiedenen Rahmen mit 84 Szenen aus dem Alter und Neue Testament
Inhalt
Bibel und Psalter mit einleitendem Bilderzyklus

Verfügbare Faksimile-Editionen:
Gotische Bilderbibel – Müller & Schindler – Cod. Ser. N. 2611 – Österreichische Nationalbibliothek (Wien, Österreich)
Müller & Schindler – Simbach am Inn, 1988
Limitierung: 850 Exemplare
Detailbild

Die gotische Bilderbibel

Die Jakobsleiter

Der Traum Jakobs, des Patriarchen der Israeliten, wird meist folgendermaßen gedeutet: Er soll die Verpflichtungen und das Erbe des auserwählten Volkes Gottes symbolisieren, was jedoch umstritten ist. In der christlichen Theologie ist die Leiter ein Zeichen für die immerwährende Verbindung zwischen Himmel und Erde. Dieses Miniaturmedaillon zeigt Jakob im Tiefschlaf liegend und in eine blaue Decke gehüllt, während eine Leiter direkt zu Jesus führt. Sie zeigt die Erfüllung von Jakobs Traum an, in dem er sich die Wiedervereinigung von Gott und der Menschheit vorstellt.

Gotische Bilderbibel – Müller & Schindler – Cod. Ser. N. 2611 – Österreichische Nationalbibliothek (Wien, Österreich)
Einzelseite

Die gotische Bilderbibel

Szenen aus dem Passionszyklus

Obwohl die Passion aus fast 20 Episoden bestehen kann, werden auf dieser Seite nur die sechs zentralen Szenen in Medaillonminiaturen präsentiert. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den kunstvoll herausgearbeiteten Hintergründen, die mit rot-blauen Mustern und viel Blattgold gestaltet sind. Trotz der geringen Größe der Miniaturen zeichnen sich die Figuren durch ihre expressiven, blassen Gesichter und ausdrucksstarken Handgesten aus. Recht ungewöhnlich ist zudem die Jesus-Darstellung, die den Gottessohn ausnahmsweise bartlos zeigt.

Oben links ist Jesus zunächst beim Einzug in Jerusalem am Palmsonntag zu sehen, während ein Mann seinen Umhang ablegt. Darauf folgt das Letzte Abendmahl. Das mittlere Paar zeigt den Judaskuss im Garten Gethsemane und die Geißelung Christi. Unten sehen wir die Kreuzigung und schließlich die Grablegung Christi, die die Heiligen Drei Könige beobachten.

Gotische Bilderbibel – Müller & Schindler – Cod. Ser. N. 2611 – Österreichische Nationalbibliothek (Wien, Österreich)
Faksimile-Editionen

#1 Gotische Bilderbibel

Müller & Schindler – Simbach am Inn, 1988

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Müller & Schindler – Simbach am Inn, 1988
Limitierung: 850 Exemplare
Einband: Weinfarbener Ledereinband mit Prägung
Kommentar: 1 Band (80 Seiten) von Michaela Krieger
Sprache: Deutsch
Faksimile: 1 Band Detailnahe Reproduktion der Folios 1-22 des Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
Ausgabe bei uns verfügbar!
Preis Kategorie: €
(unter 1.000€)
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