Lorscher Rotulus

Lorscher Rotulus – Akademische Druck- u. Verlagsanstalt (ADEVA) – Ms. Barth. 179 – Stadt- und UniversitĂ€tsbibliothek (Frankfurt am Main, Deutschland)

Lorsch (Deutschland) — Drittes Viertel des 9. Jahrhunderts / Mitte des 11. Jahrhunderts

Wohl im Auftrag Ludwigs des Deutschen geschaffen und heute der Stolz der Stadt Frankfurt: Die einzige erhaltene Schriftrolle der Karolingerzeit mit den Namen von ĂŒber 500 Heiligen

  1. Die einzige liturgische Schriftrolle aus der Karolingerzeit, ist der Stolz der historischen Stadt Frankfurt

  2. Ludwig II. der Deutsche (ca. 806–876) ist mit seiner Familie in der Handschrift aufgefĂŒhrt und hat sie wohl in Auftrag gegeben

  3. Die Schriftrolle ist in drei Spalten geschrieben und listet 534 Heilige auf, von denen einige mit Gold- und Silbertinte hervorgehoben sind

Lorscher Rotulus

Ausgabe bei uns verfĂŒgbar
Preis Kategorie: €
(unter 1.000€)
  1. Beschreibung
  2. Detailbild
  3. Einzelseite
  4. Faksimile-Editionen (1)
Beschreibung
Lorscher Rotulus

Die beschriebene Buchrolle als Medium fĂŒr liturgische Texte stellt zur Zeit der Karolinger einen selten zu beobachtenden Anachronismus dar: Hatte doch der Codex bereits in der SpĂ€tantike die jahrhundertelang ĂŒbliche Buchrolle verdrĂ€ngt. Da ihr Gebrauch in der Liturgie außerdem eine höhere Geschicklichkeit erforderte, macht ihre mediale Form diese Buchrolle von vornherein zu einem außergewöhnlichen Exemplar – man darf daraus durchaus auf eine große WertschĂ€tzung des Inhalts schließen. Dieser ist aber ebenfalls außergewöhnlich, da in der Litanei die Namen von insgesamt 534 Heiligen genannt und in der Liturgie angerufen werden. Hervorzuheben ist außerdem das mehrfarbige Flechtwerkornament, das die Rolle ĂŒber die gesamte LĂ€nge seitlich sehr dekorativ einfasst. Die Zuweisung zum Lorscher Skriptorium und in das 3. Viertel des 9. Jahrhunderts ist ĂŒber die singulĂ€re Hervorhebung des heiligen Nazarius, des Lokalheiligen von Lorsch, gesichert.

Ein einzigartiges Schriftdokument der Karolinger

Mit dem Rotulus Ms. Barth. 179 besitzt die Stadt- und UniversitĂ€tsbibliothek Frankfurt ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Dokument. Neben der Ă€ußeren Form – es handelt sich um die einzige aus karolingischer Zeit erhaltene liturgische Buchrolle – gehören vor allem die mit 534 Namen absolut ungewöhnliche Anzahl von Heiligennennungen in der Litanei und die erlesene Ausstattung zu seinen hervorstechendsten Merkmalen.

Die Handschrift stammt aus dem 3. Viertel des 9. Jh.s und ist ein Produkt des Lorscher Skriptoriums. Auf diese Provenienz verweist nicht nur der Stil des Ă€ußerst dekorativen mehrfarbigen Flechtwerkornaments, das die Pergamentrolle in ihrer gesamten LĂ€nge seitlich einfasst, sondern auch die singulĂ€re Hervorhebung des Lorscher Lokalheiligen Nazarius innerhalb der Litanei. Diese dreispaltig geschriebene Heiligenreihe mit Gold- und Silberbuchstaben als betonenden Elementen fĂŒllt die Vorderseite des Rotulus. Die vier Texte auf seiner RĂŒckseite (eine Votivmesse fĂŒr einen Fieberkranken, Messorationen, ein Schatz- und BĂŒcherverzeichnis des Salvatorstifts zu Frankfurt und ein Officium stellae) sind NachtrĂ€ge aus der Mitte des 11. Jh.s.

Die besondere Bedeutung der Handschrift fĂŒr die Stadt Frankfurt, die 1994 ihre ErsterwĂ€hnung vor 1200 Jahren feierte, ergibt sich aus der Nennung Ludwigs des Deutschen und seiner Familie in der Litanei. Dieser König war der GrĂŒnder des Salvator-/BartholomĂ€us-Stiftes, und es ist durchaus denkbar, dass der Rotulus bereits zur Grundausstattung dieses „Hausstiftes“ der karolingischen Königspfalz in Frankfurt gehörte. Form, Inhalt und Ausfertigung lassen eine Zuordnung dieser Buchrolle zur engsten Umgebung des karolingisch-ostfrĂ€nkischen Königtums jedenfalls als wohl begrĂŒndet erscheinen.

Kodikologie

Alternativ-Titel
Lorsch Rotulus
Umfang / Format
1 Rolle / 257,0 × 23,5 cm
Herkunft
Deutschland
Datum
Drittes Viertel des 9. Jahrhunderts / Mitte des 11. Jahrhunderts
Sprache
Schrift
Karolingische Minuskel Capitalis Rustica Capitalis Quadrata
Buchschmuck
Silber- und Goldtinte, dekorative FlechtbordĂŒren
Inhalt
Litanei der Heiligen (534 insgesamt) eine Votivmesse fĂŒr einen Fieberkranken, Messorationen, ein Schatz- und BĂŒcherverzeichnis des Salvatorstifts zu Frankfurt und ein Officium stellae
Auftraggeber
Ludwig der Deutsche (um 806–876)

VerfĂŒgbare Faksimile-Editionen:
Lorscher Rotulus – Akademische Druck- u. Verlagsanstalt (ADEVA) – Ms. Barth. 179 – Stadt- und UniversitĂ€tsbibliothek (Frankfurt am Main, Deutschland)
Akademische Druck- u. Verlagsanstalt (ADEVA) – Graz, 1994
Limitierung: 980 Exemplare
Detailbild

Lorscher Rotulus

Naht, die zwei StĂŒcke Pergament verbindet

Die zweieinhalb Meter lange Schriftrolle entstand durch das ZusammennĂ€hen von vier unterschiedlich großen Pergamentstreifen. Diese wurden dann so zurechtgeschnitten, dass sie möglichst genau zusammenpassen und durch gegenlĂ€ufige DoppelnĂ€hte verbunden sind. Trotz der Abnutzungserscheinungen wie verblasster Tinte sind diese engmaschigen NĂ€hte erstaunlich gut erhalten geblieben. Um keinen Platz zu verschwenden, hat der Schreiber sogar die Namen von Heiligen in die LĂŒcke zwischen den beiden Stichreihen geschrieben.

Lorscher Rotulus – Akademische Druck- u. Verlagsanstalt (ADEVA) – Ms. Barth. 179 – Stadt- und UniversitĂ€tsbibliothek (Frankfurt am Main, Deutschland)
Einzelseite

Lorscher Rotulus

Litanei der Heiligen

534 Namen von Heiligen sind in drei Spalten aufgelistet und in karolingischer Minuskel mit brauner Tinte geschrieben. Der erste Buchstabe jeder Zeile ist abwechselnd mit goldener und silberner Tinte geschrieben, wobei letztere oxidiert und schwarz geworden ist. FĂŒr den ersten Buchstaben eines jeden Heiligennamens wurde rote Tinte verwendet. Der fĂŒr dieses Werk verantwortliche Schreiber war der Forschung nach auch an der Entstehung von zwei luxuriösen Sakramentarhandschriften aus dem Skriptorium der Abtei Lorsch beteiligt.

Der Text ist umrahmt von mehrfarbigen Flechtornamenten in GrĂŒn, Rot und Gelb mit Schattierungen zur Betonung der Knoten. Ein großer Fleck, abgeriebene Gold- und Silberinitialen und andere Gebrauchsspuren weisen darauf hin, dass die Schriftrolle in den letzten 1.200 Jahren ausgiebig benutzt wurde.

Lorscher Rotulus – Akademische Druck- u. Verlagsanstalt (ADEVA) – Ms. Barth. 179 – Stadt- und UniversitĂ€tsbibliothek (Frankfurt am Main, Deutschland)
Faksimile-Editionen

#1 Lorscher Rotulus

Details zur Faksimile-Edition:

Limitierung: 980 Exemplare
Einband: Schriftrolle geschĂŒtzt in einer stabilen BuchhĂŒlle
Kommentar: 1 Band von Johannes Fried, Hermann Schefers, Gehardt Powitz, Felix Heinzer, Herrad Spilling und Katharina Bierbrauer
Sprache: Deutsch
Faksimile: 1 Band Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprĂŒnglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
Ausgabe bei uns verfĂŒgbar
Preis Kategorie: €
(unter 1.000€)
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