Codex Manesse
Eine der bedeutendsten deutschsprachigen Handschriften des Mittelalters wird heute in der Heidelberger UniversitĂ€tsbibliothek aufbewahrt: der sogenannte Codex Manesse, auch bekannt als GroĂe Heidelberger Liederhandschrift. Der Codex entstand wahrscheinlich im Auftrag der namengebenden ZĂŒrcher Patrizierfamilie Manesse, wobei der lyrische Grundstock der Sammelhandschrift zwischen 1300 und 1340 regelmĂ€Ăig erweitert wurde. Der Codex enthĂ€lt mit 6000 Strophen mittelhochdeutscher Lyrik von 140 Dichtern die âumfangreichste Sammlung mittelhochdeutscher Lied- und Spruchdichtungâ. Die nach dem Rang ihres Verfassers geordneten Werke sind zudem wunderbar illuminiert mit 137 herrlichen ganzseitigen Miniaturen, die ganz im Zeichen der höfischen Minne stehen. Damit ist der Codex Manesse nicht nur ein Schatz der deutschen Lyrik und die wichtigste Quelle fĂŒr den gotischen Minnegesang, sondern auch der spĂ€tmittelalterlichen Buchmalerei. Das zeigt sich auch in der turbulenten und in Teilen fast unglaublichen Provenienzgeschichte dieses einmaligen Zeugnisses mittelalterlicher Kultur.
Codex Manesse
Eine der wichtigsten Handschriften des gesamten Mittelalters wird heute in der Heidelberger UniversitĂ€tsbibliothek aufbewahrt: der sogenannte Codex Manesse, auch bekannt als Heidelberger Liederhandschrift. Eine unglaubliche Besitzgeschichte rankt sich um die Handschrift, die zwischen 1300 und 1340 in ZĂŒrich entstanden ist. Der Codex enthĂ€lt mit fast 6000 Strophen mittelhochdeutscher Lyrik von 140 Dichtern die âumfangreichste Sammlung mittelhochdeutscher Lied- und Spruchdichtungâ. Die Gedichte, Lieder und SprĂŒche kreisen um das Hauptthema der höfischen Minne. Wunderbar illustriert sind diese Zeugnisse mittelalterlicher Lyrik mit 137 herrlichen ganzseitigen Miniaturen. Somit ist der Codex Manesse nicht nur ein wahrer Schatz der deutschen Literatur und der mittelalterlichen Geschichte, sondern auch und besonders der gotischen Buchmalerei!
Einmaliges Zeugnis mittelhochdeutscher Lyrik
Als Auftrag- und Namensgeber der berĂŒhmten Handschrift gilt die Patrizierfamilie Manesse aus ZĂŒrich. Der ZĂŒrcher Patrizier RĂŒdiger Manesse und sein Sohn Johann legten zu Beginn des 14. Jahrhunderts eine umfangreiche Sammlung mittelhochdeutscher Lyrik an, die den Grundstock des Codex bildete. Bis um 1340 wurde diese dann stetig erweitert und ergĂ€nzt. Der Codex Manesse enthĂ€lt insgesamt fast 6000 Strophen mittelhochdeutscher Lyrik, Lieder und SprĂŒche von 140 Autoren, darunter so bekannte Namen wie Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Hartmann von Aue, Gottfried von StraĂburg und Ulrich von Liechtenstein. Die Lyrik aus der Zeit von 1160/70 bis um 1330 ist hier zum Teil einmalig festgehalten, was die Heidelberger Liederhandschrift zur wichtigsten Quelle fĂŒr den Minnesang macht. Kurioserweise sind die GesĂ€nge und Gedichte nach dem Stand ihrer Verfasser geordnet. Die Handschrift beginnt mit der Lyrik von Kaiser Heinrich VI. als vornehmstem Dichter. Darauf folgen Könige, Herzöge und weitere Adlige bis hin zu den bĂŒrgerlichen und Berufs-Dichtern.
Das Ringen um den Schatz
Heute wird der Codex Manesse in Heidelberg aufbewahrt. Doch rankt sich um die Handschrift eine Ă€uĂerst spannende, wechselvolle Provenienz. Erstmals taucht die Handschrift Ende des 16. Jahrhunderts wieder auf, als KurfĂŒrst Friedrich IV. von der Pfalz (1583â1610) den Codex nach Heidelberg holte. Dort war sie Teil der berĂŒhmten Bibliotheca Palatina, wurde jedoch scheinbar schon damals als eine einmalige Besonderheit geschĂ€tzt, in Sicherheit gebracht und so davor bewahrt, wie die gesamte ĂŒbrigen BestĂ€nde der Bibliothek nach Rom verbracht zu werden. Danach erscheint der Codex Manesse erst wieder im 17. Jahrhundert in Frankreich, wo er Teil der Königlichen Bibliothek ist. Die Handschrift wurde bald als bedeutendes deutsches Kulturgut entdeckt und um ihre RĂŒckkehr nach Deutschland gekĂ€mpft. Diese gelang jedoch erst im Jahr 1887, als sie in einem spektakulĂ€ren TauschgeschĂ€ft â fĂŒr 120 000 Francs und 166 wertvolle, zum Teil karolingische Handschriften â nach Genehmigung durch Reichskanzler Otto von Bismarck an Deutschland ĂŒbergeben wurde und ihren Platz in der UniversitĂ€tsbibliothek von Heidelberg fand. Damit folgte man dem historischen Willen Kaiser Friedrich III., der den Codex Manesse der Heidelberger Bibliothek als Nachfolgerin der berĂŒhmten Bibliotheca Palatina anvertraut hatte.
Bedeutende Miniaturen als reicher Bilderschmuck
Neben der einzigartigen Quelle fĂŒr mittelhochdeutsche Lyrik ist die Heidelberger Liederhandschrift vor allem fĂŒr ihre prĂ€chtige und qualitĂ€tvolle kĂŒnstlerische Ausstattung berĂŒhmt. Diese prĂ€sentiert die Buchmalerei des Oberrheins zur Zeit der Staufer in Vollendung. 137 ganzseitige Miniaturen von vier verschiedenen Meistern schmĂŒcken die insgesamt 852 Seiten der Handschrift. Die Kunstgeschichte unterscheidet zwischen dem sogenannten Grundstockmeister, der fĂŒr 110 der prĂ€chtigen Miniaturen verantwortlich war, und drei Nachfolgern. In wunderschönen vielfarbigen Schmuckrahmen prĂ€sentieren die Miniaturen Szenen aus der höfischen Welt des Mittelalters. Sie kreisen wie die Gedichte um das Hauptthema Minne, die erotische Liebe zwischen Mann und Frau. So zeigt eine der Darstellungen etwa ein edles FrĂ€ulein zu Pferde mit einem goldenen Pfeil in der Hand. Mit diesem goldenen Pfeil zielt sie auf einen jungen Mann, wohl einen Dichter - ein uraltes Symbol der Liebe. Andere Szenen prĂ€sentieren Könige bei der Falkenjagd, kĂ€mpfende Ritter in prachtvollen RĂŒstungen im Turnier, von edlen Damen beobachtet und beurteilt, oder die Krönung eines Dichters durch eine Frau, die ihm einen Kranz aufs Haupt setzt. Auf diese Weise bietet der Codex einen tiefgehenden Einblick in die Welt des hohen Mittelalters. Zugleich prĂ€sentieren sich die KĂŒnstler mit ihren auĂergewöhnlichen Bildkompositionen als herausragende Meister der mittelalterlichen Buchmalerei.
Diese Verbindung von mittelhochdeutscher Lyrik und gotischer Buchmalerei, allesamt von höchster QualitÀt, macht den Codex Manesse zur wertvollsten Handschrift der Heidelberger UniversitÀtsbibliothek und zugleich zu einem der bedeutendsten Codices des gesamten Mittelalters!
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Heidelberger Liederhandschrift
The Great Heidelberg Song Manuscript
Manesse Song Manuscript
Manesse Codex
Codex Germanicus Palatinus 848 - Umfang / Format
- 852 Seiten / 35,5 Ă 25,0 cm
- Herkunft
- Schweiz
- Datum
- Nach 1310 bis um 1340
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Gotische Textualis
- Buchschmuck
- 137 ganzseitige Miniaturen in farbenfrohen Rahmen, eine unvollendete Federzeichnung und zahllose Fleuronnée-Initialen
- Inhalt
- Sammelhandschrift von 6000 Strophen mittelhochdeutscher Lyrik (Lieder und SprĂŒche) von 1160/1170 bis etwa 1330. Damit ist der Codex Manesse die wichtigste Quelle fĂŒr den Minnesang.
- Auftraggeber
- Der Auftraggeber ist bis heute unbekannt, wohl stammt er aber aus dem Umkreis der ZĂŒricher Patrizierfamilie Manesse, die der Handschrift ihren Namen gab, oder der Familie des Thurgauer Grafen von Toggenberg
- KĂŒnstler / Schule
- 140 verschiedene Autoren, darunter Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Hartmann von Aue, Gottfried von StraĂburg, Kaiser Henry VI und Konradin, der letzte Staufer
Vier verschiedene Buchmaler, von denen der sogenannte Grundstockmeister alleine fĂŒr 110 Miniaturen verantwortlich zeichnet - Vorbesitzer
- Familie der Manesse
Johann Philipp von Hohensax
KurfĂŒrsten Friedrich III., Friedrich IV., Friedrich V:
Johann TâSerclaes von Tilly
König Ludwig XIV. (regn. 1643â1715)
Jacques Dupuy
BibliothĂšque royale de Paris
Karl Trubner
Codex Manesse
Konrad von Altstetten
In einem von Blumen umgebenen Garten liegen zwei junge Liebende in einer ĂŒberraschend intimen Szene. Der MinnesĂ€nger wird fĂŒr Konrad von Altstetten gehalten, der zwischen 1320 und 1327 urkundlich erwĂ€hnt ist. Die im Oberrheintal ansĂ€ssige Familie von Altstetten ist seit 1166 bezeugt und stand in den Diensten des Abtes von St. Gallen. Konrad wird gezeigt, wie er seinen Falken mit einem Handschuh fĂŒttert und wie seine Dame, die langes, wallendes, lockiges blondes Haar hat, ihm liebevoll ĂŒber die Wangen streicht.
Codex Manesse
Autorenportait König Konrads des JĂŒngeren
König Konrad der JĂŒngere (1252â1268) trĂ€gt nicht nur den Beinamen Konradin, sondern ist auch der zweite Verfasser dieser Gedichtesammlung, die nur von Kaiser Karl IV. (1316â1378) in den Schatten gestellt wird. Obwohl er erst 16 Jahre alt war, schrieb Konrad zwei Lieder, die fĂŒr wĂŒrdig befunden wurden, in dieses Manuskript aufgenommen zu werden. Er ist hier mit seinem Freund und VerbĂŒndeten Markgraf Friedrich I. von Baden auf der Falkenjagd dargestellt.
Die beiden Adligen widmen sich gemeinsam dieser LieblingsbeschĂ€ftigung der Aristokratie und der mit Krone dargestellte Konrad hat gerade seinen Falken freigelassen. Seine Jagdhunde schauen genauso erwartungsvoll wie sein Freund Friedrich, der ein rotes Gewand trĂ€gt. FĂŒr Konrads Krone, den Kragen seiner grĂŒnen Tunika, den Sattel und das Wappen sowie den mit Rautenmuster versehenen roten und blauen Rahmen wurde Blattgold gezielt eingesetzt.
#1 Codex Manesse: die Grosse Heidelberger Liederhandschrift
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
(3.000⏠- 7.000âŹ)
#2 Codex Manesse
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#3 Codex Manesse. Vier Miniaturen
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