Lehrbuch fĂŒr Kaiser Maximilian I.
Selten ist Weltgeschichte so mit der Hand zu greifen wie in diesem Codex, mit dem ein Kaiser Lesen und Schreiben gelernt hat: Maximilian I. (1459â1519) fĂŒhrte die Habsburger zur mĂ€chtigsten Dynastie Europas und ging als "letzter Ritter" und Vater der Landsknechte in die Geschichte ein. Aber auch der mĂ€chtigste Mann Europas musste vorher Lesen und Schreiben lernen. Der Betrachter dieser prĂ€chtig verzierten Handschrift kann also dem SiebenjĂ€hrigen ĂŒber die Schulter schauen, wie er zunĂ€chst das Alphabet und dann das "Pater noster" lernte. In dessen historisierter P-Initiale sieht man, wie der kleine Maximilian mit seinem Lehrer, Jakob von Fladnitz, eifrig die ersten Buchstaben mit dem Finger entziffert. Diese und die 13 weiteren Deckfarbenminiaturen der historisierten Initialen sollten den jungen Herrscher motivieren und bieten auch dem heutigen Betrachter zusammen mit der ĂŒbrigen kreativen Ausgestaltung etwa der RĂ€nder einen Hochgenuss.
Prachtvolle Buchmalerei fĂŒr den "Letzten Ritter"
Damit lernte der Kaiser Lesen: Die kulturhistorische Bedeutung des âLehrbuches fĂŒr Kaiser Maximilian I.â kann gar nicht hoch genug geschĂ€tzt werden. Der als âletzter Ritter und erster Landsknechtâ in die Geschichte eingegangene, vielseitig begabte FĂŒrst, unter dem die Habsburger zur mĂ€chtigsten Dynastie Europas aufstiegen, lernte mit diesem Buch das Lesen und Schreiben.
Das erste Lehrbuch fĂŒr den "letzten Ritter"
Die in der Ăsterreichischen Nationalbibliothek verwahrte Handschrift, die sogenannte Tafel, ist das erste Lehrbuch, das Maximilian als SiebenjĂ€hriger in die Hand bekam und aus dem er das Alphabet, das Pater noster, Ave Maria und andere Gebete sowie Merkverse lernte. In einigen der farbenfrohen, mit aufwendigem Gold ausgefĂŒhrten Miniaturen tritt der Kaisersohn selbst auf: In der Initiale zum Vaterunser sehen wir ihn neben seinem ersten Lehrer Jakob von Fladnitz, wie er aus einem Codex buchstabiert; zu den Tischgebeten erscheint der junge Prinz bei Tisch. Einen weiteren Bezug zum BenĂŒtzer stellen auf der ersten Textseite die beiden Wappen der Eltern Maximilians, Kaiser Friedrichs III. und Eleonores von Portugal, her.
Ein Wiener BĂŒrger als MĂ€zen
FĂŒr einen standesgemĂ€Ăen Unterricht seines Sohnes bemĂŒhte sich Friedrich III. um wertvolle SchulbĂŒcher, fĂŒr deren Kosten der Hof in seiner Sparsamkeit allerdings nicht selber aufkommen wollte. Im reichen Wiener BĂŒrger Stephan Heuner wurde schlieĂlich ein MĂ€zen gefunden, der neben dieser Handschrift noch zwei weitere fĂŒr Maximilian herstellen lieĂ. Die Miniaturen und das Wappen des Stifters sollten das Wohlgefallen des Kindes erregen, damit sich dieses spĂ€ter daran erinnere.
Der faszinierende Inhalt
Dem mittelalterlichen Kanon fĂŒr den Erstunterricht folgend enthĂ€lt Maximilians Tafel zunĂ€chst ein ABC und die grundlegenden Gebete wie Pater noster, Ave Maria, Credo, Magnificat, Lobgesang des Simeon, Salve Regina, Sanctus, Requiem, Ostende nobis und Stufengebet, Confiteor, Tischgebete und abschlieĂend Gebete fĂŒr den WohltĂ€ter. Darauf folgt der Cisioianus, ein aus kurzen Silben zusammengestellter Verskalender, der als GedĂ€chtnisstĂŒtze zum EinprĂ€gen der Fest- und Heiligentage und ihrer Stellung im Jahreslauf diente. Den Abschluss des ersten Teiles bildet eine unvollstĂ€ndig gebliebene deutsche Ăbersetzung der lateinischen Gebete (Vaterunser bis Sanctus). Der zweite, zeichnerische Teil des Lehrbuches umfasst zwei Zieralphabete, deren variantenreiche Buchstabenformen in Federzeichnungen vorgefĂŒhrt werden, sowie drei ganzseitige, aus hĂ€ngenden TĂŒchern gebildete Initialbuchstaben, ein Christogramm und schlieĂlich das Wappen des Stifters, das auf der letzten Seite der Handschrift erscheint.
Die Ausstattung, eines Habsburgers wĂŒrdig
14 Deckfarbenminiaturen, in Initialbuchstaben eingeschriebene Genreszenen und religiöse Darstellungen stehen am Beginn jedes der Textabschnitte. Die erlesene Wirkung dieser kleinen Kunstwerke wird verstĂ€rkt durch kostbare, mit Ziselierungen und Punzen geschmĂŒckte Partien aus poliertem Blattgold, mit denen die Buchstabenkörper hinterlegt sind. Die Initialbuchstaben bilden auch den Ausgangspunkt fĂŒr zarte Blattranken, die sich ĂŒber den Pergamentrand ausbreiten und in vielfĂ€ltige Blatt- und BlĂŒtenformen mĂŒnden. In diesem floralen Rahmen tummeln sich zahlreiche Tiere und Mischwesen. Ăhnlich fantasievoll ist auch die Gestaltung der beiden Musteralphabete, die zum einen aus Mischformen von flĂ€chigen Buchstabenteilen und dreidimensionalen Formen, zum anderen aus gedrehten BĂ€ndern gebildet werden. WĂ€hrend mit Wolfgang Spitzweg, einem kaiserlichen Kanzlisten, der Schreiber des Lehrbuches bekannt ist, ist sein Illuminator anonym geblieben. Nach den insgesamt drei LehrbĂŒchern, die er fĂŒr Maximilians Unterricht ausgeschmĂŒckt hat, wird er als "LehrbĂŒchermeister" bezeichnet.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Textbook for Emperor Maximilian
Liber in usum et instructionem Maximiliani filii Friderici III. imperatoris alphabetum, oratio dominica, preces latino-germanicae
LehrbĂŒchlein Maximilians I. - Umfang / Format
- 54 Seiten / 28,4 Ă 21,4 cm
- Herkunft
- Ăsterreich
- Datum
- Um 1466
- Stil
- Buchschmuck
- 14 historisierte Initialen
- Auftraggeber
- Stephan Heuner
- KĂŒnstler / Schule
- Wolfgang Spitzweg (Schreiber)
LehrbĂŒchermeister (Buchmaler)
Lehrbuch fĂŒr Kaiser Maximilian I.
Der junge Maximilian beim Gebet
Diese rosafarbene historisierte âOâ-Initiale aus feinen AkanthusblĂ€ttern befindet sich in einem Rahmen aus geprĂ€gtem Blattgold. Sie umschlieĂt eine hinreiĂende Miniatur Maximilians I., der in blauem Gewand und kontemplativ im Gebet vertieft einer Messe beiwohnt. Er kniet neben dem in ein prachtvolles Messornat gehĂŒllten Pfarrer vor dem Altar, auf dem ein glĂ€nzend goldener Kelch neben Kerze und Buch steht. Die dreifigurige Kreuzigung auf dem Altarretabel ruft den Betenden die Passion Christi ins GedĂ€chtnis.
Lehrbuch fĂŒr Kaiser Maximilian I.
Alphabet / Vater unser
Die erste Seite dieses ungewöhnlichen Manuskripts ist von wunderschönen, blĂŒhenden Ranken aus Rot, GrĂŒn und Blau gerahmt. Am linken Rand befindet sich ein Reiher und am unteren Rand ein verstecktes Gesicht. Oben sehen wir die Wappen des nachmaligen Kaisers Maximilians I. (1459â1519): die rot-weiĂen Streifen der Habsburger (rechts); die Burgen, Schilde und Lilien seiner portugiesischen Mutter (links); der doppelköpfige Reichsadler (in der Mitte).
Wir sehen darunter das Alphabet mit mehreren Beispielen fĂŒr das kleine âaâ oben, wĂ€hrend der Rest der Seite das lateinische âVater unserâ enthĂ€lt. Es ist geschmĂŒckt mit der ersten der 14 perfekt historisierten Initialen des Manuskripts. Der Prinz ist hier wie in mehreren von ihnen mit wallenden blonden Locken abgebildet. In diesem Fall trĂ€gt er grĂŒn-goldenes Brokat und sitzt neben seinem Lehrer, der in Rot gekleidet ist.
#1 Das Lehrbuch fĂŒr Kaiser Maximilian (Echtgold-Ausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
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#2 Das Lehrbuch fĂŒr Kaiser Maximilian (Normalausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
Karl-Georg PfĂ€ndtner, Wien und Alois Haidinger, Wien. AusfĂŒhrlicher wissenschaftlicher Kommentar zu Inhalt, Entstehung und Ausstattung der Handschrift, 104 Seiten.
(1.000⏠- 3.000âŹ)
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