Mit Miniaturen klassischer Vorlagen: Einer der ältesten und zeitgleich einer der umfangreichsten Codizes zur Offenbarung
Trierer Apokalypse
Nordfrankreich (wohl Tours) — Um 800

Trierer Apokalypse
Nordfrankreich (wohl Tours) — Um 800
Der Trierer Codex ist einer der ältesten und zeitgleich einer der umfangreichsten Codizes dieses Genres
Die Miniaturen basieren auf klassischen Vorlagen heidnischer Gottheiten und Motive
Der frühe italienische Text der Vulgata wurde im späten 11. Jahrhundert an mehreren Stellen überarbeitet

Trierer Apokalypse
Die „Sieben Kirchen Asiens“ in der Offenbarung des Johannes
Die eigentlich im westlichen Anatolien gelegenen sieben Kirchen von Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodicea hatten die größten und bedeutendsten Gemeinden im spätantiken Vorderasien. Eben jene erhalten von Johannes in den Versen zwei und drei seiner Offenbarung stärkenden Zuspruch, aber werden auch eines gottgefälligen Lebens ermahnt. Sie werden hier in antikisierender Manier mit karolingischen, aber auch antiken Architekturelementen dargestellt.
Trierer Apokalypse
- Treves Apokalypse
Kurzbeschreibung
Die Trierer Apokalypse kann mit mehreren Superlativen aufwarten: Sie ist die älteste erhaltene illustrierte Fassung der Offenbarung des Johannes, sie enthält den umfangreichsten Bilderzyklus zum letzten Buch der Bibel und sie nimmt eine einzigartige Brückenfunktion zur Kunst der Spätantike ein, aus der uns kaum Zeugnisse direkt erhalten sind. Darin liegt die unschätzbare ikonographische Bedeutung: Manche Figuren der 74 ganzseitigen Miniaturen erinnern auffällig stark an pagane antike Vorbilder. So lässt sich in der ziegenköpfigen Gestalt des Satan (fol. 66 und 67) eine Reminiszenz an den heidnischen Gott Pan erblicken und ähnlich lassen sich bei einem Engel (fol. 19v) Parallelen zur geflügelten antiken Siegesgöttin Nike ausmachen. Damit liegt nahe, dass dieser Zyklus auf eine spätantike Bilderfolge zurückgeht. Der ebenfalls sehr frühe Text einer italischen Vulgata-Fassung wurde im späten 11. Jahrhundert überarbeitet.
Die älteste und umfangreichste Bilderhandschrift zur Apokalypse
Die nach ihrem späteren Aufbewahrungsort so benannte Trierer Apokalypse ist nicht nur die älteste auf uns gekommene illustrierte Fassung der Offenbarung des Johannes, sondern sie enthält auch den umfangreichsten Bilderzyklus dieses biblischen Buches, der sich aus dem frühen Mittelalter erhalten hat.
Die Bedeutung und Besonderheit der Trierer Apokalypse (griech.: „Offenbarung“) liegt in ihrem einzigartigen Bildschmuck, zu dem sich in der gleichzeitigen karolingischen Buchmalerei kaum Parallelen finden lassen. Die insgesamt 74 ganzseitigen, rot gerahmten Miniaturen illustrieren in anschaulicher Weise jeweils eine Textsequenz dieses letzten Buches des Neuen Testaments, das einem nicht näher bekannten Johannes zugeschrieben wird.
Der unschätzbare ikonographische Wert des Codex liegt darin, daß deutliche Spuren von altchristlichen, vermutlich römischen Vorbildern erkennbar sind. Somit ist uns mit der Trierer Apoklaypse auch eines der wenigen Zeugnisse erhalten, die das spätantike Kunstschaffen widerspiegeln, jene Quelle, aus der die mittelalterliche Kunst geschöpft hat.
Die Miniaturen
Die Miniaturen der Trierer Apokalypse sind kolorierte Federzeichnungen und nehmen jeweils eine ganze Seite ein. Sie sind in den fortlaufenden Text regelmäßig eingeschaltet, indem sie – bis auf die erste (fol. 1v) – jeweils den vorangehenden Abschnitt illustrieren.
Der Bilderzyklus der Trierer Apokalypse ist eine reine Illustration des Textes in erzählender Form. Er bietet keine über den Text hinausgehende Deutungen und Interpretationen. Bezüge auf einen der spätantiken oder frühmittelalterlichen Apokalypsekommentare oder sonstige theologische bzw. liturgische Schriften lassen sich nicht nachweisen.
Faszinierende Parallelen mit antiken Motiven
Spannend sind bei zahlreichen Darstellungen die offensichtlichen Parallelen mit antiken Motiven. So ist z. B. die ziegenköpfige Gestalt des Satans (fol. 66r und 67r) auffallend, die mit der Vorstellung der Bocksgestalt des antiken Gottes Pan zusammenhängt. Allerdings ist diese Darstellung des Satans in der Trierer Apokalypse bereits zu einer Zeit entstanden, als die direkte Anschauung des antiken Pan-Bildes nicht mehr gegeben war und der Zusammenhang zwischen dem antiken Bocksgott und dem christlichen Satan in Vergessenheit geraten war. Vielmehr war nur mehr die Bocksgestalt des Satans im Bewußtsein.
Es treten im Trierer Bilderzyklus noch zahlreiche weitere Motive antiker Herkunft auf, wie z. B. der Engel auf fol. 19v, der den Figuren der antiken Siegesgöttin Nike auffallend gleicht. Auf Grund dieser augenscheinlichen Parallelen ist es sehr wahrscheinlich, daß der Trierer Apokalypsezyklus auf eine spätantike Bilderfolge zurückgeht.
Ein visionäres Buch
Der lateinische Text der Trierer Apokalypse folgt einer frühen italischen Vulgata und ist in einer gut lesbaren karolingischen Minuskelschrift mit einem auffallend großen Anteil an Halbunzialen geschrieben. In späterer Zeit wurden zahlreiche Stellen von einer Hand des ausgehenden 11. Jh.s radiert und korrigiert.
Unter den Büchern des Neuen Testaments war die Apokalypse in ihrer Bedeutung umstritten. Bis zum 5. Jh. haben die Kirchen von Syrien, Kappadokien und Palästina dieses Buch nicht in den Schriftkanon aufgenommen, während es in der abendländischen Kirche als apostolische Schrift angesehen wurde. Bereits in frühchristlicher Zeit wurde dieses visionäre Werk mit Bildern ausgestattet; jedoch ist uns keiner dieser frühen bebilderten Codices erhalten.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Treves Apokalypse
- Umfang / Format
- 148 Seiten / 26,2 x 21,6 cm
- Herkunft
- Nordfrankreich (wohl Tours)
- Datum
- Um 800
- Epoche
- Stil
- Sprache
- Buchschmuck
- 74 Miniaturen

Trierer Apokalypse
Vision auf Patmos / Der Menschensohn
„Ich, euer Bruder Johannes, der wie ihr bedrängt ist, der mit euch an der Königsherrschaft teilhat und mit euch in Jesus standhaft ausharrt, ich war auf der Insel Patmos um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses für Jesus. Am Tag des Herrn wurde ich vom Geist ergriffen und hörte hinter mir eine Stimme, laut wie eine Posaune. Sie sprach: Schreib das, was du siehst, in ein Buch und schick es an die sieben Gemeinden in Kleinasien.“(Offb 1, 9–11)
Diese Miniatur zeigt den Moment der Inspiration des Johannes, als er von Jesus Christus als dem Menschensohn eine Vision erhält, die zum biblischen Buch der Offenbarung werden sollte. Wie der Rest des Manuskripts basiert diese meisterhafte Miniatur eindeutig auf klassischen Formen und kombiniert christliche mit heidnischer Symbolik.
1 verfügbare Faksimile-Ausgabe(n) von „Trierer Apokalypse“
Trierer Apokalypse
- Verlag
- Akademische Druck- u. Verlagsanstalt (ADEVA) – Graz, 1974
- Einband
- Pergament. Alle Blätter sind originalgetreu randbeschnitten.
- Kommentar
-
1 Band (163 Seiten) von R. Laufner und P. K. Klein
Sprache: Deutsch
Ein ausführlicher wissenschaftlicher Kommentar beschreibt die Handschrift und ihre kunstgeschichtliche Bedeutung. Richard Laufner erläutert darin den kodikologischen Befund, während Peter K. Klein ausführlich über Zeit und Ort der Entstehung sowie über die Illustration des Codex schreibt.
Kodikologische und paläographische Bearbeitung von R. Laufner, Trier. Kunsthistorische Bearbeitung von P. K. Klein, Bonn. 163 Seiten Text, 94 Abbildungen auf 52 Tafeln. - Mehr Informationen
- Möglichst detailgetreue Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprünglichen oder aktuellen Dokumenteneinband. Die Blätter sind originalgetreu randbeschnitten.
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